Hermann Schützenhöfer: „Wir meinen es ernst“

In wenigen Tagen geht Hermann Schützenhöfers (ÖVP) Vorsitz in der Landeshauptleutekonferenz zu Ende. Sein Ziel, eine Reform des Föderalismus, verfolgte der steirische Landeshauptmann über eine hochrangige Arbeitsgruppe.

LH der Steiermark, Hermann Schützenhöfer

APA/Erwin Scheriau

Hermann Schützenhöfer

Nachdem seine Vorgänger in dieser Funktion an der Reform gescheitert waren, schlug Schützenhöfer, dem für das nächste halbe Jahr der Tiroler Günther Platter (ÖVP) als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz nachfolgen wird, einen neuen Weg ein.

In der von ihm installierten Arbeitsgruppe finden sich neben Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) auch vier Landeshauptleute. Laut Schützenhöfer garantiere eine derart hochrangige Arbeitsgruppe gewissermaßen, dass „etwas weitergehen“ werde - mehr dazu in LH-Konferenz: Einigung auf Arbeitsgruppe (3.10.2016).

Hermann Schützenhöfer: „Das zeigt: Jetzt meinen wir es ernst. Wir haben gesagt, zwei Punkte sind es nur. Erstens: Bis zum Frühjahr muss die Gruppe ausgearbeitet haben, wie eine Aufgabenreform ausschauen kann, welche Gesetze und Verordnungen eingestampft werden müssen. Und das Zweite ist dann eine Aufgabe, für die wir uns drei Jahre vorgenommen haben. Wir haben gesagt: Wenn der Finanzausgleich abgeschlossen ist - und der ist abgeschlossen - wird diese Gruppe einen neuen Finanzausgleich für Österreich verhandeln - einschließlich der Frage, ob die Länder selber Steuern einheben sollen oder nicht.“

Radio Steiermark: Sie haben als Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz auch befunden, Österreich sei zu klein für politische Machtspiele. Dahinter steckt auch die Tatsache, dass es unterschiedliche Interessen zwischen dem Bund und den Bundesländern, aber auch zwischen den Ländern untereinander gibt. Wie soll dieser Gordische Knoten durchschlagen werden?

Schützenhöfer: „Indem man Schritt für Schritt, etwa beim Finanzausgleich, den Aufteilungsschlüssel in Hinblick auf die Bevölkerungszahlen ändert. Der Finanzausgleich in der heutigen Form ist seit Jahrzehnten einzementiert.“

Radio Steiermark: Sie erinnern sich, dass führende Politiker - Sie auch - schon mehrmals gesagt haben: Jetzt machen wir ernst, jetzt muss sich etwas ändern. Tatsächlich hat sich aber in den letzten eineinhalb Jahrzehnten - bis auf Kleinigkeiten - im Finanzausgleich nichts geändert. Warum?

Schützenhöfer: „Man kann nur mit kleinen Schritten beginnen.“

Radio Steiermark: Der frühere Vizekanzler und ÖVP-Chef Josef Pröll hat jüngst in einem Zeitungsinterview gesagt, die Struktur der ÖVP sei teilweise eine Last, weil sich jeder Parteichef um die Stimmen der Bundesländerorganisationen bemühen müsse - sonst sei er Parteichef gewesen. Unter diesem Aspekt sind Reformen gegen die Bundesländer sehr schwer umsetzbar. Stimmen Sie dem zu?

Schützenhöfer: „Naja, das hat schon etwas an Richtigkeit, was er da sagt. Aber ich sage: Struktur hin oder her - eine Partei ist so stark wie ihr Vorsitzender. Und das ist natürlich für die ÖVP im Bund - im Übrigen auch in den Ländern - ein Problem: Stellt man den Landeshauptmann oder den Bundeskanzler, wird der an der Spitze die Partei und die Strukturen leichter führen können und auch gegen die Strukturen etwas tun können, als wenn das nicht der Fall ist. An der Spitze der Bundesregierung müssen Zwei wollen. Wenn Kern und Mitterlehner wollen und das auch öffentlich kundtun und jene in ihren jeweiligen Parteien zurückpfeifen, die bei einer Idee des Gegenüber sofort schreien, wie schlecht die Partei ist - dann werden die Bundesländer und Bünde kein Hindernis sein.“

Radio Steiermark: Der steirische SPÖ-Chef Michael Schickhofer hatte zuletzt die Idee, die Gesetzgebung in wesentlichen Teilen dem Bund zu übertragen und den Ländern gleichsam wegzunehmen. Was halten Sie davon?

Schützenhöfer: „Das ist ein großer Reformschritt, wenn der möglich ist. Ich halte die Idee jedenfalls für überlegenswert. Wir müssen die Dinge aber auch zu Ende denken. Und das ginge ja nur, wenn die anderen Bundesländer mitmachen.“

Radio Steiermark: Ist eigentlich Österreich als Staatsgebilde nicht zu klein für einen so ausdifferenzierten Föderalismus?

Schützenhöfer: „Ja, ich denke mir das selber oft. Aber wir leben in einer Welt der Globalisierung. Je stärker die Abhängigkeit der Nationalstaaten von der gemeinsamen Europäischen Union wird, umso wichtiger sind die Regionen.“

Radio Steiermark: Es ist schon fast ein Standardsatz der Politiker: ‚Wir müssen die Sorgen der Menschen ernst nehmen.‘ Wäre es aber nicht auch Aufgabe zu sagen: ’Liebe Bürgerinnen und Bürger, wir nehmen auf, dass ihr Sorgen habt, aber akzeptiert auch, dass wir - alles in allem - in einem sicheren Land leben, in Wohlstand leben, dass es uns gut geht?

Schützenhöfer: „Ja, aber das tue ich. So denke ich, aber in etlichen Bereichen denkt man ganz offensichtlich anders. Man muss dazu stehen, dass wir eigentlich glücklich sein können, in diesem Land zu leben. Man muss auch in der Frage der Integration die Wahrheit sagen können - nämlich: Wir können jetzt nicht noch viele Flüchtlinge aufnehmen, damit die, die da sind, integriert werden können. Das ist nicht links überholen oder rechts überholen, sondern das ist das Faktum, vor dem wir stehen. Und ein Politiker ist dazu da, um hier auch die Wahrheit zu sagen.“

Das Gespräch führte Günter Encic, Radio Steiermark

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