Schneekanonen: Diskussion um Klimastudie

Jene Studie des Grazer Forschungsinstituts Joanneum Research, wonach Schneekanonen besser für das Klima seien als erwartet, steht derzeit unter Kritik: Die Analyse greife zu kurz, bemängelt etwa ein Experte.

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Der Klimawandel schreitet unweigerlich voran - der ORF setzt sich mit dem aktuellen Programmschwerpunkt „Mutter Erde: 2° sind mehr, als du denkst“ mit den Folgen auseinander - mehr dazu in - muttererde.orf.at

Braune, nicht beschneite Hänge nehmen Sonnenlicht auf und erwärmen sich. Weiße Skipisten dagegen werfen das Sonnenlicht zurück und haben damit einen kühlenden Effekt: Die Klima-Bilanz von Kunstschnee ist damit positiv. Auch dann, wenn man den Stromverbrauch gegenrechnet, der für die künstliche Beschneiung durch die Schneekanonen notwendig ist. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Forschungsinstituts Joanneum Research - mehr dazu in Schneekanonen üben positiven Klimaeffekt aus (26.5.2017).

Die Studie ist zum Teil von der Seilbahnwirtschaft finanziert worden. Untersucht wurden über 100 Skigebiete in Tirol und der Steiermark. Einer der Studienautoren ist der Grazer Volkswirt Franz Prettenthaler, der erklärt: „Wenn man den Beitrag zum Klimawandel durch den Stromverbrauch und die Reflexion in den Weltraum zusammenrechnet, kommt unter dem Strich ein Beitrag von 3.000 bis 5.000 Jahres-PKW-Leistungen heraus.“

„Pflaster über klaffender Wunde“

Äußerst kritisch sehen die Studie von Joanneum Research derzeit jedoch renommierte Klimaforscher wie Stefan Schleicher von der Uni Graz: Bei der künstlicher Beschneiung müsse man auch den enormen Wasserverbrauch und Eingriffe in die Natur berücksichtigen, die für neue Speicherseen notwendig werden.

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Insofern greife die Analyse zu kurz, sagt Stefan Schleicher: „Zu behaupten, dass wir mit Kunstschnee sogar einen positiven Klimaeffekt zustande bringen, ist ungefähr so, wie wenn man ein Pflaster über eine klaffende Wunde klebt, ohne die Wunde zu behandeln.“

Zweifel kommen auch aus Innsbruck

Zweifel an den Ergebnissen der Studie äußert auch der anerkannte Klima- und Gletscher-Experte Georg Kaser von der Universität Innsbruck. In einem schriftlichen Statement kritisiert Kaser, dass zur Studie bisher sämtliche Informationen über die verwendeten Methoden und Daten fehlen.

Außerdem sei die Studie weder von anderen Wissenschaftlern begutachtet, noch in einem Fachjournal publiziert worden. Das sei ein grober Verstoß gegen die wissenschaftliche Praxis. Und Kaser weiter: „Bestehende große Zweifel können daher weder bestätigt noch ausgeräumt werden.“

Co-Autor weist Kritik zurück

Auf ORF-Anfrage weist Co-Autor Franz Prettenthaler die Kritik zurück: Die aktuelle Studie basiere auf Studien, die bereits vor Jahren begutachtet, und auch publiziert worden seien. Zudem gebe es innerhalb von Joanneum Research eine starke interne Qualitätssicherung.

Für Prettenthaler sind die Fakten geklärt. Die Studie zeige bei der künstlichen Beschneiung ein robustes, wenn auch knapp positives Ergebnis im Sinne eines positiven Klimaeffekts. Seinem Innsbrucker Kollegen will er nun ein Hard-Copy-Exemplar der Studie zukommen lassen. Die erste Langversion sei bisher nur dem Fachverband der Seilbahnen Österreich übermittelt worden.

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