Eder sieht „Zukunft Europas im Industriebereich“

Der Bau des neuen Edelstahlwerks in Kapfenberg bedeutet ein gewaltiges Industrieprojekt. Im Interview mit ORF Steiermark-Chefredakteur Gerhard Koch wirft voestalpine-Chef Wolfgang Eder einen zuversichtlichen Blick in die Zukunft.

Insgesamt 350 Millionen Euro investiert die Voestalpine in das Bauvorhaben - mehr dazu in Voest baut in Kapfenberg neues Edelstahlwerk (27.9.2017). Laut Eder geht man davon aus, im zweiten Halbjahr in die konkreten Bautätigkeiten zu starten. In dem Bau sieht der Voestalpine-Chef nicht nur ein Bekenntnis zum Standort Steiermark, sondern auch ein Bekenntnis zur klassischen Industrie:

Wolfgang Eder

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Wolfgang Eder

Wolfgang Eder: Die klassische Industrie, vor allem die Stahlindustrie, gibt es seit vielen Jahrhunderten. Schauen wir einmal, wie das mit den neuen Industrien in 20, 30 Jahren ausschaut. Ich rede jetzt nicht von Jahrhunderten. Ich bin sicher, diese hohen Qualitäten im traditionellen Industriebereich, wo wir gerade aus Österreich hinaus weltweite Führungspositionen haben, wird man mindestens so lange - ich glaube sogar länger - brauchen, als manche der neuen Entwicklungen, die Halbwertszeiten haben, die eher im Monats- als im Jahresbereich liegen. Das heißt, ich bin sehr zuversichtlich, dass gerade im traditionellen Industriebereich in der modernsten und zukunftsträchtigsten Form die Zukunft Europas, Österreichs und der Steiermark liegt.

ORF Steiermark: Aber das Schlagwort, das die Wirtschaftsindustrie in diesem Moment dominiert, ist das der Digitalisierung, der Softwarebereich, die Vereinfachung von Prozessen. Der Mensch rückt in den Hintergrund. Wie viele Arbeitsplätze wird denn das Werk in Kapfenberg absichern?

Eder: Ganz grundsätzlich: Auch wenn der Mensch nicht mehr optisch so im Vordergrund steht - er wird im Hintergrund eine mindestens gleich wichtige Rolle wie in der Vergangenheit spielen. Wir sollten uns da nicht allzu viele Sorgen machen. Doch die Qualifikationen werden sich ändern. Sie werden sich ändern müssen - ich glaube auch zu einem großen Teil erfreulicherweise. Denn es ist gut, wenn die Schwerarbeit in der Zukunft immer weniger wird, wenn Maschinen das übernehmen. Andererseits muss ja irgendwer die Maschinen programmieren, steuern, ihre Entwicklung vorantreiben und das können nur Menschen sein.

Wir brauchen natürlich andere Ausbildungsgänge, eine Spezialisierung in anderen Bereichen. Aber ich mache mir keine Sorgen, dass es plötzlich nur mehr die menschenleeren Produktionshallen gibt, ganz im Gegenteil: In den Hallen werden vielleicht Computer und die Digitalisierung regieren. Nur hinter den Hallen, in den Entwicklungsbüros, werden hochqualifizierte Menschen sitzen und in Summe gesehen werden wir dort zumindest annähernd so viele in Zukunft brauchen anstelle der Fabrikshallen. Wir brauchen keine Angst davor zu haben, dass wir plötzlich keine Menschen mehr brauchen. Wir werden diese Anpassungen über die natürliche Fluktuation schaffen.

ORF Steiermark: Wenn Sie sich jetzt den Facharbeitermarkt ansehen, finden Sie dort die geeigneten Fachkräfte, die Sie für diese Werke brauchen?

Eder: Um ganz ehrlich zu sein: Das bereitet uns in der Steiermark schon zunehmend Kopfzerbrechen. Das ist an und für sich ein gutes Signal, weil sehr viele Neuaktivitäten gerade in der Mur-Mürz-Furche entstehen, weil sehr viele Unternehmen investieren - in Richtung Hochtechnologie, anspruchsvolle Technologie. Das heißt, es werden hochqualifizierte Menschen gebraucht.

Wir müssen schauen, dass wir diesen Boom auch was unsere Erfordernisse was qualitative Mitarbeiter betrifft, langfristig abdecken können. Ich bin zuversichtlich, dass das gelingt - aber wir werden möglicherweise neue Methoden brauchen, den Kreis oder die Region, aus der wir junge Menschen auf die Zukunft vorbereiten, erweitern müssen. Das heißt, wir werden möglicherweise über unser traditionelles Einzugsgebiet hinaus junge Menschen für unsere Aktivitäten begeistern müssen - aber das gehört letztlich zu unserer Zukunftssicherung und ich bin zuversichtlich, dass das gelingt.

ORF Steiermark: Das heißt, dass der Einzugsbereich auf die ganze Steiermark ausgeweitet wird?

Eder: Das ist durchaus denkbar, würde ich nicht ausschließen - und wenn es benachbarte Bundesländer sind, habe ich damit auch kein Problem. Aber jetzt werden wir die Anforderungen einmal entwickeln, überlegen wie in Zukunft einmal die Bedarfe sowohl von der fachlichen Qualifikation als auch von der Anzahl her sind. Da kann es durchaus sein, dass wir offensiver an die Personalaquisition herangehen als in der Vergangenheit.

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