BVT-Affäre: Sorge um Ruf der Geheimdienste

Die Suspendierung des Direktors des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) sorgt für Schlagzeilen. Ein steirischer Experte macht sich dabei Gedanken um den Ruf der nationalen Geheimdienste.

Am Dienstag wurde Peter Gridling, der bisherige Direktor des BVT, von FPÖ-Innenminister Herbert Kickl wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch suspendiert - mehr dazu in news.ORF.at. Noch im Jänner hatte Kickl Gridlings Wiederbestellung selbst vorgeschlagen, das entsprechende Dokument wurde ihm aber vorerst nicht übergeben.

Gridling

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Kurz nach seiner Wiederbestellung wurde Gridling suspendiert

Ende Februar kam es dann zur umstrittenen Hausdurchsuchung im BVT durch eine von einem FPÖ-Politiker geführte Spezialeinheit. Hintergrund: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Beamte des Verfassungsschutzes - unter anderem wegen Datenmissbrauchs. Weil dabei auch der als ÖVP-nah geltende Gridling als Beschuldigter geführt wird, sei er jetzt suspendiert worden - „von einer Umfärbung kann da nicht im Mindesten die Rede sein“, so Kickl.

Kickl

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Für Kickl könne „von Umfärbung nicht die Rede sein“

Genau das aber bezweifeln Oppositionspolitiker wie SPÖ-Chef Christian Kern, der bereits über einen Untersuchungsausschuss zu der Causa nachdenkt.

Überwachungskamera

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Zum Nachhören:

Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Beamte des Verfassungsschutzes. Wie wirkt sich dieses Vorgehen aus?

Gernot Frischenschlager hat für „Radio Steiermark“ mit dem Grazer Geheimdienstexperten Siegfried Beer gesprochen:

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„Es ist eine ziemlich fatale Geschichte“

Für den Grazer Historiker und Geheimdienstexperten Siegfried Beer geht es vor allem um die, wie er sagt, fatalen Auswirkungen des öffentlich ausgetragenen Konflikts auf die Arbeit der Geheimdienste: „Es ist eine ziemlich fatale Geschichte, weil man in diesem Bereich international agiert, nicht nur national - und weil offensichtlich schon ein Schaden vorhanden ist, wenn man zum Beispiel hört, dass Treffen von Geheimdienstchefs schon in der letzten Woche ohne die Österreicher stattgefunden haben.“

Österreichische Geheimdienste seien sehr klein, laut Beer daher immer auf Kooperation angewiesen: „Das ist aber ein Give and Take. Und man bekommt mehr, wenn man eine Vertrauensbasis hat.“ Vier Monate vor der EU-Präsidentschaft sei die Affäre besonders schmerzhaft, so der Experte.

Ausbildung und Rekrutierung für Beer im Fokus

Ob es im aktuellen Fall um politische Umfärbelei gehe, wolle er nicht beurteilen. Grundsätzlich habe das über Jahrzehnte parteipolitisch beeinflusste österreichische Geheimdienstsystem laut Beer aber vor allem ein großes Problem - „nämlich die Frage der Ausbildung, die Frage der Rekrutierung dieser sensiblen Posten. Da scheint es in Österreich immer noch diese alten Probleme zu geben, dass parteinahe Leute und Freunde - und nicht wirklich Kompetente zum Zug kommen.“

Beer

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Beer sorgt sich um den Ruf der österreichischen Geheimdienste

Grundsätzlich würden die Geheimdienste trotz wenig Personals und geringem Budgets jedoch gute Arbeit leisten - „aber offensichtlich sind da Fehler unterlaufen, dass ein Einschreiten notwendig war. Aus welchen Motiven auch immer“, so Beer. Mit der umstrittenen Razzia im BVT und dem medialen Aufsehen sei das Misstrauen befreundeter Geheimdienste gegenüber Österreich jedenfalls sicher nicht kleiner geworden, ist der Experte überzeugt: „Das alles in der Öffentlichkeit ist wirklich nicht normal in dem Milieu.“

Beer will Sicherheitssystem überdenken

Dabei sieht Beer jedoch auch Vorteile: „Ich glaube, es ist insgesamt ein Klima der Veränderung da. Ich würde das sogar begrüßen, weil es braucht eine Straffung, eine Strukturreform, eine viel bessere Koordination.“ Seiner Meinung nach sollte man das gesamte Sicherheitssystem in Österreich überdenken, „schauen, dass das auf eine Ebene der Mitverantwortung der gesamten Regierung gehoben wird. Da ist ein Haufen Arbeit zu machen - aber es ist machbar“.

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