Neuer Standort für historisches Kriminalmuseum

An der Universität Graz wurde das Grazer Kriminalmuseum wiedereröffnet. Auf den Spuren des Gründervaters der Kriminologie, Hans Gross, ermöglicht es einen Blick in die Geschichte der Verbrechensaufklärung.

Betrug, Raub, Totschlag, Mord: Der Grazer Untersuchungsrichter Hans Gross (1847 - 1915) war überzeugt, dass bei der Verbrechensklärung neben Zeugen auch Dinge als Beweise heranzuziehen sind. An der Wende zum 20. Jahrhundert hat er Corpora Delicti und Objekte gesammelt, die angehenden Juristen als Lehrmaterial dienen sollten. Die Uni Graz präsentiert die Sammlung in neuem Glanz.

Kriminalmuseum Graz Eröffnung

APA/Helmut Lunghammer

Christian Bachhiesl (Kustos), Vizerektor Peter Scherrer und Nikolaus Reisinger (Leiter der Unimuseen) mit einem Stockdegen und der Büste von Hans Gross im Rahmen der Wiedereröffnung des Grazer Kriminalmuseums an der Uni Graz

Ein Grazer Jurist als Begründer der Kriminologie

Wer sich mit der Kriminalistik und ihrer Geschichte befasst, stößt unweigerlich auf Hans Gross. Der Grazer Jurist, der im Jahr 1912 an der Universität seiner Heimatstadt das weltweit erste „Kriminalistische Institut“ gegründet hat, zählt zu den „Gründervätern“ der Kriminologie. Schon 1893 hatte er mit dem „Handbuch für Untersuchungsrichter“ das erste kriminologische Lehrbuch überhaupt verfasst. Im Jahr 1905 wurde er an der Universität Graz zum Professor für Strafrecht berufen.

1896 gründete der Untersuchungsrichter seine Sammlung aus „Corpora Delicti am Landesgericht für Strafsachen“ in Graz, schilderte Kurator Christian Bachhiesl am Dienstag beim Rundgang durch das nunmehr neu eingerichtete Museum unweit des Unihauptgebäudes. Diese Lehrmittelsammlung ermöglichte Studenten, Juristen und Kriminalbeamten eine anschauliche Ausbildung.

Waffen, Projektile, menschliche Präparate

Neben Hieb-, Stich- und Schusswaffen, Projektilen, Giftstoffen und Gipsabdrücken waren und sind in der Sammlung u. a. tierische und menschliche Präparate wie zertrümmerte Knochen zu sehen. Möglich wurde das, weil zu Gross’ Amtszeit ein Erlass dafür sorgte, dass alle Gerichte der Habsburger-Monarchie interessante Materialien nach Graz zu übersenden hatten. Heute gibt die abgeschlossene historische Sammlung Auskunft zur Entwicklung der Kriminaltechnik und Verbrechensaufklärung, zur Technikgeschichte, aber auch die Mentalitätsgeschichte spiegle sich darin wieder, wie der Kurator hervorhob.

Tatortkoffer im Mittelpunkt der neuen Ausstellung

Das wohl hervorstechendste und bekannteste Objekt ist der Tatortkoffer. Der von Gross entwickelte Koffer umfasst alle wesentlichen Hilfen, damit der Weg im polizeilichen Ermittlungsverfahren so leicht wie möglich von der Tat zum Täter führt. Noch heute steht er im Mittelpunkt der Ausstellung, die nun am neuen Standort in der Grazer Heinrichstraße eröffnet wurde. Der alte Standort im Keller der Uni am Universitätsplatz musste vor vier Jahren geschlossen werden, weil Feuchtigkeit und Schimmelbefall der Objekte eine Restaurierung und Verlagerung der Objekte notwendig gemacht hatten.

Zu den rund 100 Utensilien im Koffer gehören neben einem Zirkel, um kleine Gegenstände messen zu können, einem Maßstab, Siegellack und einer kleinen Bürste auch ein Paar Strümpfe: für den Fall, dass es während der Untersuchung zu regnen beginnt und die Füße des Ermittlers nass werden.

Sammlung mit 2.000 Objekten auch digital verfügbar

Von Gross’ Nachfolgern wurden in Graz noch über mehr als ein halbes Jahrhundert auch Fotografien und Objekte als Schulungsmaterial gesammelt. Heute umfasst die Sammlung rund 2.000 Objekte und sie ist auch digital abrufbar, wie Museumsleiter Nikolaus Reisinger schilderte. Der Bogen der nunmehr in zwei Räumen auf rund 50 Quadratmetern präsentierten Objekte reicht von Brandrelikten über Waffen und zu Leichenbehältnissen umfunktionierte Säulenstümpfe, Schilderungen und Fotos von Leichenverstecken, gefälschten Dokumenten und manipulierten Würfeln bis hin zu als Gehstock getarnten Waffen und den dazugehörenden Strafakten. „Die Sammlung umfasst das Zehnfache von dem, was wir herzeigen können“, so Kurator Bachhiesl.

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