Perspektivenlos im „Kirschgarten“

Mit „Der Kirschgarten“ hat Anton Pawlowitsch Tschechow 1903 sein Schaffen beendet, und so beendet das Theater Oberzeiring mit diesem Stück auch die aktuelle Tschechow-Trilogie: eine Tragik-Komödie mit Blick in den Abgrund der Gesellschaft.

In ihrem Kirschgarten versteckt sich Ljubow Andrejewna Ranjewskaja vor der Realität, dem Bankrott und der bevorstehenden Versteigerung ihres Guts.

Abgrund der Gesellschaft

Und während Gut und Garten versteigert werden, sucht die verlustängstliche Adelige Perspektiven im Wodka - leider vergebens, sagt Ranjewskaja-Darstellerin Sigrid Sattler: „Sie wird eines besseren belehrt, sie verliert auch ihren Sohn, sie verliert ihre Liebe, sie verliert schlussendlich auch den Kirschgarten und versucht aber immer wieder erhobenen Hauptes das Ganze zu überspielen.“

Sanft führt Tschechows Stück die Figuren an den scharfkantigen Abgrund der Gesellschaft, und an sehr gegenwärtigen Abgründen wie Abwanderung und Perspektivenlosigkeit wächst die Tragödie am Scheitern der Figuren.

Kirschgarten Theater Oberzeiring

ORF

Chaotische Baustelle

Auf der Bühne holt Regisseur Peter Fasshuber das Stück mit chaotischer Baustelle und „Betreten verboten“-Schild ins Heute: „Das Gut wird bereits umgebaut, das meiste abgerissen, der Kirschgarten ist abgeholzt, und nur in den Köpfen ist es noch nicht so weit. Das heißt, es herrscht auch eine ganz große Realitätsverweigerung.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 19.2.2015

Am Ende gerät das Gut samt Kirschgarten in die neureichen Hände des profitgeilen Bauernsohns Lopachin - in Szene gesetzt von Gerhard Maier, selbst Fohnsdorfer und Medienprofi: „Ich habe als Schüler begonnen, hier zur spielen, hab dann auch in meiner Studienzeit hier gespielt und bin über die Jahre dann in diese Theaterfamilie hineingewachsen und hab dann wieder Sehnsucht bekommen.“

Kirschgarten Theater Oberzeiring

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„Tschechow pur“

Stück-Autor Anton Pawlowitsch Tschechow schuf Ende des 19. Jahrhunderts über 600 literarische Werke und zählt bis heute neben Wegbegleitern wie Leo Tolstoi und Maxim Gorki zu den bedeutendsten russischen Schriftstellern. Mit „Der Kirschgarten“ beendete er 1903 sein Schaffen, und so beendet das Theater Oberzeiring mit diesem Stück Mitte März auch die aktuelle Tschechow-Trilogie nach den Stücken „Drei Schwestern“ und „Onkel Wanja“. Regisseur Peter Fasshuber kürzte den Text des Originalstücks zwar, liefert jedoch laut eigenen Angaben „Tschechow pur“ und inszeniert wie Tschechow schrieb: „Wesentlich und ohne erhobenen Zeigefinger“.

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