Gedenkjahr: Graz als „Nazi-Hochburg“

Zum Gedenkjahr 2018 – der „Anschluss“ Österreichs an Nazi-Deutschland jährt sich zum 80. Mal – sind zahlreiche Bücher erschienen. Manfred Flügge berichtet in „Stadt ohne Seele. Wien 1938“ auch von der „Nazi-Hochburg Graz“.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 11.3.2018

Manfred Flügge bezeichnet den „Anschluss“ als „traumatischen Wendepunkt in der europäischen Geschichte“: „Es war auch eine klassische Tragödie, das heißt, die Umstände, die Vorgeschichte und dann der Vollzug des sogenannten ‚Anschlusses‘ sind eine Sache, das andere ist, was an Kulturzerstörung, Vertreibung, an unmittelbaren Pogromen, muss man ja sagen, stattgefunden hat, aber darüber hinaus bleibt die Erinnerung an den März, an die Vertreibung, und das macht auch einen wesentlichen Teil in meinem Buch aus, dass die Leute, die in alle Welt vertrieben werden, zurückblicken und an das erinnern, was Wien war und nie hätte aufhören sollen zu sein.“

Persönliche Schicksale

Ganz wesentlich ist für Manfred Flügge die Schilderung der Vertreibung der Juden: „Die Vertreibung und Entrechtung der Juden ist keine Nebensache, sondern ein Kernanliegen von Hitler persönlich, aber auch von den Nationalsozialisten insgesamt. Das Projekt haben sie bis zum Schluss durchgeführt.“ So schildert Flügge auch die persönlichen Schicksale der Geistesgrößen im damaligen Österreich – wie zum Beispiel Sigmund Freud, Robert Musil, Egon Friedell und Franz Werfel.

"Stadt ohne Seele"

Aufbau-Verlag

Von Vorgeschichte bis zu entscheidenden Tagen

Der Historiker widmet sich auch sehr genau den Ereignissen vom 10. bis zum 15. März 1938: „Ein Teil meines Buches bezieht sich auf die Vorgeschichte und auf die entscheidenden Tage, und das ist nicht so leicht, da gibt es auch in anderen Darstellungen sehr viele Unklarheiten, was sich in welcher Reihenfolge und in welcher Verantwortlichkeit vollzogen hat. Und wenn man genauer hinschaut, dass die deutschen Nationalsozialisten zwar den Plan hatten, Österreich irgendwann, irgendwie zu übernehmen, dass sie aber bis zuletzt keinen ausgearbeiteten Plan hatten. Das heißt, in den Märztagen ist ein großes Maß an Improvisation und ein großes Zögern bei Hitler, die treibende Kraft war Hermann Göring.“ Denn Göring war klar, so Flügge, dass er Österreich braucht für seine Aufrüstungs- und Industrialisierungspläne.

Graz mit unrühmlicher Rolle

Das Buch handelt - wie der Titel schon sagt - von Wien, aber es ist auch für Steirer interessant, erklärt Manfred Flügge, denn auch Graz kommt vor: „Graz hatte leider eine unrühmliche Rolle, weil es eine Hochburg der Nationalsozialisten war. Ich weiß nicht, inwieweit das heute in Graz bewusst ist, dass es dort mit eigentlich am schlimmsten war, bevor es zum Anschluss kam.“

Link: