Ein Blick in die österreichische Seele

Was ist ein gelernter Österreicher? Was sind die Tiefen und Untiefen der österreichischen Seele? Antworten auf diese Fragen gibt es in „Die Welt des Dr. Hohenadl“ von Werner Thuswaldner.

Die Welt dieses Dr. Hohenadl ist eine etwas eigenartige: Sein Vater verlangte von ihm und seinen zwei Brüdern, dass sie nach Absolvierung katholischer Privatschulen Jus studieren - denn Jus, so die Meinung von Vater Hohenadl, sei die einfachste Möglichkeit, um in Österreich zu einem Doktor-Titel zu kommen. Danach erhalten sie eine lebenslange finanzielle Versorgung - eine Art bedingungsloses Grundeinkommen sozusagen. Eine Bedingung gibt es aber schon: Die Brüder dürfen keiner Arbeit nachgehen - geistige Arbeit ausgenommen.

"Die Welt des Dr. Hohenadl"

Ecowin-Verlag

Der Vater zeigte ihnen dieses Leben im Müßiggang schon vor - er hatte seine Tage meist auf einer Chaiselongue liegend und in die Luft schauend verbracht - sein Lebensmotto lautete: „Alles spielt sich im Kopf ab - philosophisch.“ Die Geschichten in diesem Buch erzählen in erster Linie vom Leben des jüngsten Dr. Hohenadl - Vornamen erfahren wir von keinem der drei Herren - also quasi ist Dr. der Vorname.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 27.1.2019

Sparsam bis zur Aberwitzigkeit

Dr. Hohenadl, der jüngere, entwickelt in seinem finanziell abgesicherten Nichtstun einige Marotten - die hervorragendste wird aber eine extreme Sparsamkeit, die man durchaus schon als Knausrigkeit bezeichnen kann. Mit immer skurrileren Ideen versucht er, Geld zu sparen oder welches dazu zu verdienen: Zum Beispiel fährt er einmal mit seinem Fahrrad in eine sich plötzlich öffnende Autotür und stürzt - der Autofahrer bietet ihm 100 Euro Schmerzensgeld an. Ein lohnendes Geschäftsmodell, denkt sich Dr. Hohenadl, und lauert immer wieder der Möglichkeit auf, von einer Autotür zu Fall gebracht zu werden - bis er eines Tages auf den Ersttäter trifft, der ihn natürlich wieder erkennt.

Einen Laptop, den er natürlich geschenkt bekommt, nutzt er, indem er im Stiegenhaus das WLAN der Nachbarn anzapft. Im Kaffeehaus wäre die Internetverbindung zwar auch gratis, aber da müsste er doch zumindest einen Kaffee bestellen. Wenn er mit dem Zug fährt, löst er nur ein Ticket für einen Teil der Strecke und stellt sich dann schlafend oder weicht vor dem Schaffner aufs WC aus. Wenn er eine Bitte um eine Spende vom Blindenverband erhält, versucht er stattdessen, sehbehinderten Menschen über die Straße zu helfen. Bei Maturatreffen gibt er sich als Berater in Fragen der Einsparung aus und tatsächlich bringt ihn seine Existenzangst auf viele, teils sehr aberwitzige Ideen.

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