Protestcamp von Flüchtlingen geht weiter

Seit mehr als einer Woche gibt es am Rand des Grazer Stadtparks ein Protestcamp von asylsuchenden Flüchtlingen. Bereits im Herbst hatte ein solches existiert. So wie damals richtet sich die Aktion gegen langsame Asylverfahren.

Rund 30 asylsuchende Flüchtlinge machen derzeit im Protestcamp auf ihre Situation aufmerksam – mehr dazu in Wieder Protestcamp von Flüchtlingen (15.7.2016). Aus rechtlicher Sicht muss in Österreich bei jeder Versammlung zumindest eine Person mit österreichischer Staatsbürgerschaft anwesend sein.

Monatelanges Warten auf Interview

Daher unterstützt Andreas Polegeg die Demonstranten mit seiner Anwesenheit rund um die Uhr: „Die Forderung ist, einen friedlichen Protest zu machen, einfach um gesehen zu werden. Wir wollen publik machen, dass sie ewig auf ihr Asylverfahren, auf ihr Interview, warten und auch nach dem Interview noch monatelang auf einen Bescheid warten müssen.“

Grundsätzlich gehe es vor allem um die Ungewissheit, mit der man zu kämpfen habe, und um die lange Wartezeit auf eine Befragung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie auf eine endgültige Asylentscheidung.

Selbst organisierte Deutschlernrunden

Das erzählen einige der Protestcamp-Bewohner: „Mir ist es so schlecht gegangen, weil ich die ganze Zeit nur warte, und ich habe nicht viel zu tun. Wir möchten nur ein normales Leben führen, denn wir sind nicht anders als die Leute hier, und die Leute hier sind nicht anders als wir.“ – „Ich bin schon seit einem Jahr und fünf Monaten in Österreich – aber ich habe noch kein Interview gehabt.“ – „Wenn wir hingehen und fragen, sagen sie uns, leider es gibt keinen Termin. Bitte Geduld haben.“ – „Es gibt auch Leute hier, die ein Interview bekommen haben, aber keine Antwort seit fünf Monaten. In dieser Situation kann man nicht schlafen.“

Walid etwa, 37-jähriger Lkw-Fahrer aus dem Irak, kam am 1. Juni 2015 durch die Türkei, Bulgarien, Serbien und Ungarn nach Österreich. Er erreichte, dass seine Ehefrau mit den fünf gemeinsamen Kindern und seinem Vater nachkommen konnten. Seither wartet er mit der siebenköpfigen Familie in der 57 Quadratmeter großen Wohnung in Graz auf eine Entscheidung. Arbeiten darf er inzwischen nicht, und so muss die ganze Familie mit rund 1.000 Euro monatlicher Unterstützung das Auslangen finden, beschreibt der 37-Jährige.

Master-Titel in Österreich abschließen

Ähnlich gehe es Ammar, 37-jähriger Fernsehtechniker aus Bagdad. Er ist ebenfalls seit 14 Monaten in Österreich, besucht einen von der Caritas gesponserten Deutschkurs und hoffe, eines Tages seine formelle Ausbildung zum IT-Ingenieur in Österreich mit einem Master-Titel abschließen zu können. Seine Familie – Frau und drei Kinder – leben derzeit noch im Irak. Er habe wegen politischer Probleme das Weite gesucht, erzählte er am Montag beim „Pressepicknick“ im Protestcamp.

Mit selbst organisierten Deutschlernrunden und gemeinsamen Aktivitäten will man im Protestcamp die Zeit sinnvoll nutzen. Angemeldet ist das Camp derzeit bis Donnerstag – die Protestaktion soll aber so lange fortgeführt werden, bis es zu einer erkennbaren Veränderung kommt, so Polegeg.

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