Kranke Ehefrau ermordet: sieben Jahre Haft

Wegen Mordes ist ein 68-Jähriger am Mittwoch in Leoben zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte seine Ehefrau mit einem Polster getötet. Hintergrund war die schwere Krankheit der pflegebedürftigen 66-Jährigen.

Am Nachmittag kamen die Geschworenen zu dem Urteil, in dessen Vorfeld es eine schwierige Entscheidung zu treffen galt: Auf Mord steht maximal lebenslänglich, das Delikt der Tötung auf Verlangen sieht eine Maximalstrafe von fünf Jahren Haft vor. Sechs zu zwei stimmten die Geschworenen für Mord.

Unter Anwendung einer außerordentlichen Strafmilderung wurde die Mindeststrafe von zehn Jahren unterschritten. Der Angeklagte nahm das Urteil von sieben Jahren Haft sofort an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab, weshalb das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.

Geständnis bereits vor Verhandlung

Gegenüber Ermittlern hatte der Pensionist bereits im Vorfeld der Verhandlung gestanden, seine 66-jährige Frau im Bett der gemeinsamen Wohnung in Mariazell erstickt zu haben. Die damals angeordnete Obduktion unterstrich die Angaben. Denn die Frau starb an Sauerstoffmangel - mehr dazu in Ehefrau erstickt: Polizei fand Zettel (7.3.2018).

Der Sachverständige führte in seiner Erklärung am Mittwoch aus, dass das Opfer keinerlei Kampfspuren aufgewiesen hatte: „Sie hatte sich offenbar nicht wesentlich gewehrt.“ Gründe für die schlussendliche Strafmilderung waren das Geständnis des Angeklagten, seine bisherige Unbescholtenheit sowie die besonderen Umstände des Falls.

Beginn mit Appell an die Geschworenen

So begann der Prozess mit einem Appell an die Geschworenen: Es gehe bei nicht um die Frage „War er es?“ sondern, warum er es getan habe, so die Staatsanwältin. Damit nahm die Staatsanwaltschaft die Argumentation der Verteidigung vorweg, wonach die Tat aus Liebe und Mitgefühl erfolgt sei, da das Opfer schwer krank gewesen sei.

Am Landesgericht in Leoben muss sich am Mittwoch ein Pensionist wegen Mordes verantworten.

APA/KLAUS PRESSBERGER

Die Staatsanwältin zitierte auch Aussagen des Angeklagten, auf Wunsch seiner Frau gehandelt zu haben, die nicht mehr leben habe wollen. Aber es sei Mord gewesen, so die Staatsanwaltschaft - begangen mit dem Kopfpolster in einer Nacht im März 2018, als das Opfer vor sich hindöste.

„34 Jahre glücklicher Ehe“

Die Verteidigerin bestätigte „Ja, er war es.“ Sie schilderte den Geschworenen 34 Jahre glücklicher Ehe - ihr Mandant habe seinen „Lebensmenschen“ gefunden. Erst in der Pension sei es wegen einer Bürgschaft der Frau zu finanziellen Problemen gekommen. Der Angeklagte sagte dann, er fühle sich schuldig, Auslöser für die Tat seien aber keine finanziellen Sorgen, sondern ein Unfall im Jahr 2014 gewesen: Damals war die 66-Jährige über eine Stiege gefallen und hatte sich dabei schwere Kopfverletzungen zugezogen.

„Es ging ständig bergab“

Teils unter Tränen und in bedrückender Atmosphäre schilderte der Mann, wie er sich nach dem Sturz um seine Frau gekümmert hatte: „Sie war ein tapferer Mensch, aber gleichzeitig wehleidig. Sie hat eine Angst entwickelt, nicht mehr aus einer Narkose aufzuwachen.“ Er verzeihe sich bis heute nicht, dass er kurz nach ihrem Sturz nicht sofort die Rettung gerufen hatte.

Damals hatte sie einen Jochbeinbruch erlitten, ihre Zahnprothese habe seither nicht mehr gepasst, habe Schmerzen verursacht. „Die Lebensqualität hat sich sukzessive geändert, es hat sich alles geändert. Sie hat eine eigene Sicht der Dinge entwickelt, war depressiv. Wir sind nur mehr durch das Leben geschlittert, die Jahre sind vergangen, es ging ständig bergab.“

Frau wog nur noch knapp über 30 Kilo

Bis auf die Nichte habe sich die Familie und auch die Nachbarschaft abgewendet - der Angeklagte sprach von Ausgrenzung, fast schon Diskriminierung. Seine Frau habe die letzten Jahre stets über Schmerzen geklagt, aber die Ärzte hätten nichts gefunden. Sie habe seit Weihnachten 2017 nichts Festes mehr essen können und nahm massiv ab. Im März wog sie nur noch knapp über 30 Kilogramm.

Am Landesgericht in Leoben muss sich am Mittwoch ein Pensionist wegen Mordes verantworten.

APA/KLAUS PRESSBERGER

Erst wenige Wochen vor ihrem Tod war die Frau aus dem Spital nach Hause entlassen worden. Sie habe nicht mehr leben wollen und er habe schließlich den Entschluss gefasst, so der Angeklagte. Auch über Sterbehilfe habe man gesprochen, aber ohne dabei konkret zu werden. Mit Blicken und Gesten habe ihm seien Frau dennoch zu verstehen gegeben, dass sie nicht mehr leben wolle, erklärte der Mann.

„Spontane Entscheidung“

Als dann die Nichte den Amtsarzt bestellt hatte und dieser sich für den 7. oder 8. März angekündigt hatte, wurde es für seine Frau unerträglich: „Es war eine Katastrophe.“ Sie habe nicht zwangsernährt werden wollen und sie wussten, dass der Arzt kommt. „Sie sagte, sie schafft das nicht.“

Als sie in der Nacht auf den 7. März schlief, habe er die „spontane Entscheidung“ getroffen: „Von einer Sekunde auf die andere.“ Er drückte ihr den Polster auf das Gesicht, bis sie tot war. Als er den Hergang schilderte, brach er in Tränen aus. Sie habe sich praktisch nicht gewehrt, nur etwas gezappelt und geröchelt.

Plan, „gemeinsam ins Jenseits zu gehen“

Seine Frau habe selbst davon gesprochen, dass sie sich lieber umbringe, als mit dem Arzt mitzugehen. Die Richterin fragte den Angeklagten, ob sie das tatsächlich getan hätte. „Ich hätte es ihr zugetraut“, antwortete der 68-Jährige und meinte weiter: „Aber ohne mich hätte sie es nicht getan.“ Der Plan sei gewesen, gemeinsam „ins Jenseits“ zu gehen. Die Richterin merkte an: „Nun sind sie aber allein.“ „Ja, aber sie ist da drin“, sagte der Beschuldigte und hielt seine Hand auf die rechte Brust an die Stelle seines Herzens.

Nachdem er sie getötet hatte, wollte er sich selbst wie geplant auch das Leben nehmen. Er richtete Rasierklingen und eine Decke auf dem Boden, doch dann konnte er es nicht: „Vielleicht war es Feigheit.“ Er trank danach zügig eine halbe Flasche Whisky und war davon so betrunken, dass er einen Filmriss bekam. Er wachte erst später am Boden liegend auf, war offenbar gestürzt. Er rief die Nichte an und die wiederum alarmierte die Einsatzkräfte.

„Sie hatte sich aufgegeben“

Am Bett auf der toten Frau fanden die Ermittler noch ein Hochzeitsfoto der beiden und eine liebevolle Nachricht, die die Frau ihm vor Jahren einmal geschrieben hatte. Er hatte beides nach ihrem Tod hingelegt. Die Richterin fragte, ob er der Meinung ist, dass er sie erlöst habe. „Ja, sicher. Sie hatte sich aufgegeben. Sie sagte, es wäre schön, wenn ich es in die Hand nehmen würde, dass sie aus dem Leben scheiden kann“, so der Angeklagte.