Kritik an Aus von Lehre für Asylsuchende

Nach der Ankündigung durch die ÖVP-FPÖ-Regierung, die Lehre für Asylwerber in Mangelberufen ganz abzuschaffen, hagelt es Kritik - auch in der Steirermark. Da von Wirtschaftskammer, der SPÖ und von einem Lehrlingsprojekt für Asylwerber.

Seit 2012 gibt es in Österreich den Erlass, dass Asylwerber unter 25 Jahren eine Lehre in Mangelberufen beginnen dürfen. Dieser Erlass soll jetzt abgeschafft werden. Das hat die Bundesregierung gestern bekannt gegeben. Damit soll ein Schlussstrich unter die zuletzt entbrannte Diskussion rund um Asylwerber in der Lehre gezogen werden - mehr dazu in Kritik an Ende von Lehre für Asylsuchende (news.ORF.at).

Anstoß zur Diskussion im Wirtschafts-Parlament

Eigentlich hatte die Diskussion mit einem ganz anderen Grundgedanken begonnen: Das steirische Wirtschafts-Parlament hatte sich im Juni dafür ausgesprochen, dass Asylwerber ihre Lehre beenden und danach auch zwei Jahre in Österreich bleiben sollten. Dem stimmten alle Parteien im Wirtschafts-Parlament zu. Der damals genannte Grund: Man brauche dringend Fachkräfte in Mangelberufen, hieß es. Derzeit müssten zahlreiche Lehrlinge fürchten, ohne fertige Ausbildung abgeschoben zu werden.

Derzeit befinden sich 134 Asylwerber in der Steiermark in einer Lehre. 51 davon in der Gastronomie.

Nicht im Sinne der Wirtschaftskammer

Die Bekanntgabe der Pläne der Bundesregierung am Sonntag passt mit der Forderung aus der Wirtschaft nicht zusammen: Demnach sollen Asylwerber künftig gar keine Lehre mehr beginnen dürfen. Im Sinne der Wirtschaftskammer sei das nicht, meint Klaus Friedl, Spartenobmann Gastronomie in der Steiermark: „Ich bin eher dafür, dass Asylwerber schon eine Lehre beginnen können sollten. Das dient ja der Ausbildung und diese drei Jahre und eine tolle Ausbildung sind sicher positiv, wenn man in sein Land zurückkehrt. Dann kann man sein Land wieder mitaufbauen mit seinem Wissen, das man sich in Österreich angeeignet hat.“

Soziallandesrätin sprach von Armutszeugnis

Kritik an den Plänen der Bundesregierung äußerte die steirische Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ): „Das ist für mich ein menschliches, aber auch wirtschaftspolitisches Armutszeugnis. Wir haben auf der einen Seite Menschen, die engagiert sich integrieren wollen. Und auf der anderen Seite eine Wirtschaft, die sagt wir brauchen diese Menschen händeringend. Das jetzt so abrupt abzubrechen finde ich schade. Da wird es nur Verlierer geben.“

Petition

58.000 Menschen unterstützen bisher eine Petition, die sich für den Verbleib von Asylwerbern - speziell von Lehrlingen - ausspricht. Auch zahlreiche Bürgermeister und Gemeinden haben sich öffentlich dazu bekannt - darunter Leoben, Voitsberg, Leibnitz und auch Bruck an der Mur.

Kritik von Flüchtlings-Projekt

Für Kopfschütteln sorgen die Regierungspläne bei Projekten, die Flüchtlinge am Arbeitsmarkt integrieren. Dass Asylwerber keine Lehre mehr beginnen dürfen, sei kontraproduktiv - für die Wirtschaft, den Staat und auch für die Jugendlichen selbst, die in die Warteschleife und ins Sozialsystem geschickt werden, kritisierte Josef Missethon, Chef von „Talente für Österreich“.

Missethon betreut Asylwerber und bereits Asylberechtigte. Nach ein bis zwei Jahren, sobald die Jugendlichen ausreichend gut Deutsch können, um die Berufsschule zu schaffen, werden sie in Lehrstellen vermittelt.

Betreuung in zwei Bundesländern

Die Talenteentwicklung Missethon führt aktuell rund 110 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Trofaiach und Niklasdorf in der Steiermark und im niderösterreichischen Korneuburg an die Lehre am Bau und in der Gastronomie heran. Die Jugendlichen - vorwiegend aus Afghanistan und Syrien - werden rund um die Uhr betreut und besuchen von Montag bis Freitag täglich eine Schule mit Internat. Ziel des Projekts ist es, sie auf eine Lehre in Mangelberufen vorzubereiten.

„Wir haben das aufgezogen als Schule, um den Jugendlichen eine Struktur zu geben“, so Missethon, Bruder des Ex-ÖVP-Generalsekretärs Hannes Missethon. „Das funktioniert wirklich gut“, so Josef Missethon. Bisher habe es erst zwei Lehrabbrüche gegeben - von derzeit 35 Lehrlingen.

Aufenthaltstitel gefordert

15 von den Lehrlingen waren bisher bedroht, während der Lehrausbildung abgeschoben zu werden. Nach den neuen Plänen der Regierung sollen sie zumindest ihre Lehre abschließen dürfen, was Missethon begrüßte. Für danach fordert Missethon einen Aufenthaltstitel, um den Fachkräfte-Bedarf der Wirtschaft zu decken.

Fachkräftemangel

Dass nun Asylwerber keine Lehre mehr beginnen dürfen, ist für Missethon aber unverständlich. Aus seiner Sicht unterschätzt die Politik den Fachkräftemangel und die demografische Entwicklung am Land. Er plädierte für einen pragmatischeren Zugang und eine differenzierte Diskussion. Es gebe Gegenden in Österreich, wo Betriebe hängeringend nach Lehrlingen suchen. Und auf der anderen Seite gebe es Asylwerber, die für eine Lehrestelle infrage kämen.