„Schenkkreis“: Vorwürfe gegen Hauptermittler

Im Prozess um ein Pyramidenspiel hat am Montag im Straflandesgericht Graz der mittlerweile pensionierte Hauptermittler ausgesagt - er gilt als brisanter Zeuge. Die Angeklagten erheben schwere Vorwürfe gegen ihn.

Die sieben Angeklagten müssen sich wegen ihrer Teilnahme am sogenannten Schenkkreis verantworten, außerdem wird ihnen Betrug vorgeworfen - mehr dazu in „Schenkkreis“: „Als Sponsor missbraucht“ (8.11.2018). Nachdem bereits rund 70 Zeugen gehört wurden, kam am Montag der ehemalige Chefermittler zu Wort.

Vorwurf: Erhebungen aus persönlichen Gründen

„Zehn Jahre hat es gedauert, bis das bei mir gelandet ist", so der Richter zu Beginn zur langen Verfahrensdauer. Der Chefermittler, der mittlerweile in Pension ist, war seit Prozessbeginn Anfang Oktober immer wieder von den Angeklagten erwähnt worden: Er soll die Protokolle nicht ganz korrekt verfasst haben, um die von ihm gewünschten Vernehmungsergebnisse zu bekommen; angedeutet wurde auch, die Erhebungen hätten aus persönlichen Gründen begonnen, weil der Polizist bei einer Beförderung übergangen worden wäre - sein angeblicher Konkurrent sitzt mittlerweile auf der Anklagebank.

Die Ermittlungsmethoden wurden von einer Zeugin in ein schiefes Licht gerückt: Die Frau sagte, der Polizist habe ihr fast gedroht. „Er wollte, dass ich etwas aussage, das nicht so war." Der Polizist sei sogar vor ihrer Haustür gestanden: „Er wollte mir etwas in den Mund legen“, so die Frau. Der Ex-Polizist bestritt das vehement.

„Das weiß eh jeder“

Er selbst habe erst von einer Journalistin erfahren, dass es ein weitverzweigtes Pyramidenspiel geben solle. Er fragte seine Kollegen und bekam die Antwort: „Das weiß eh jeder". Also begann er zu ermitteln, „und plötzlich meldeten sich 50 Geschädigte". Es folgten Hausdurchsuchungen, die jede Menge Material zutage brachten.

Danach gingen die Ermittlungen aber erst richtig los - und dabei war die Polizeiinspektion Voitsberg allein zuständig. „Haben sie sich im Stich gelassen gefühlt vom Landeskriminalamt?“, fragte der Staatsanwalt. „Ja, sicher“, antwortete der pensionierte Chefermittler. Es habe geheißen, er müsse einmal aufhören zu ermitteln, und zwar vor allem in Bezug auf einen seiner Kollegen. „Ich habe gesagt, das will ich schriftlich“, erzählte der Zeuge. Schriftlich kam aber nichts, also machte er weiter.

Schwierige Vernehmungen

Die Vernehmungen waren schwierig, die Beschuldigten seien zuerst einfach nicht gekommen, so der Hauptermittler - er habe Zeugen mehrfach geladen, und erst langsam sei ein gewisses Vertrauen entstanden, und dann wurden es immer mehr Geschädigte. Dann seien auch erste Beschwerden gegen seine Person gekommen.

„Habe nie jemanden unter Druck gesetzt“

Der pensionierte Polizist betonte, dass er bei den Befragungen nie jemanden unter Druck gesetzt habe, auch die Anwesenheit eines Anwalts habe er niemandem verwehrt. „Haben sie gesagt, es ist mir Blunzn, ob ein Anwalt dabei ist oder nicht. Sie können einen mitbringen, wenn der anfängt herumzureden, breche ich sofort ab und rufe den Staatsanwalt an“, hielt ihm der Verteidiger vor. „Das habe ich nie gesagt“, erklärte der Befragte. Daraufhin legte der Anwalt die Abschrift eines Telefonates vor, in dem der Zeuge genau diese Worte gesagt haben soll; der dazugehörige Mitschnitt könne auch jederzeit vorgelegt werden, bestätigte eine der Angeklagten.

Für den Ex-Polizisten sollte es aber noch brisanter werden: Als er erklärte, er wisse bestimmte Details nicht mehr und müsste in den Akten nachschauen, hakte der Anwalt sofort ein. „Sie haben als Pensionist Einsicht in die Akten der Polizeistation?“. „Ich gehe hin und lasse sie mir zeigen“, bestätigte der Zeuge. „Sind sie schon auf die Idee gekommen, dass das Anstiftung zum Amtsmissbrauch sein könnte?“, fragte der Verteidiger. „Nein“, kam die Antwort. Im Übrigen habe er nur „hineingeschaut, damit ich auf die Verhandlung vorbereitet bin“, rechtfertigte er sein Verhalten, das ihm offensichtlich immer noch völlig korrekt erschien.

Angeklagte gab Zeugenanrufe zu

Und noch eine überraschende Aussage gab es am Montag: Eine der Angeklagten gab zu, Zeugen vor der Verhandlung angerufen zu haben, um mögliche Schadenersatzansprüche zu klären. Der Richter sprach von möglicher Zeugenbeeinflussung und Verdunkelungsgefahr, der Staatsanwalt sagte: „Sie geben aber schon zu, dass das jetzt wirklich ein schlechtes Bild macht?"