Vinzidorf Graz feiert 25-Jahr-Jubiläum

Vor 25 Jahren hat Pfarrer Wolfgang Pucher die erste Einrichtung Österreichs ins Leben gerufen, die obdachlose, alkoholkranke Männer aufnimmt. Das Vinzidorf in Graz ist ein Erfolgsprojekt und soll auch für weitere Städte als Vorbild dienen.

Das Vinzidorf ist ein Ort für Menschen, die am Rande der Gesellschaft stehen und kein Zuhause haben. Vor 25 Jahren öffnete Pucher in Graz-St. Leonhard die Tore seines Vinzidorfes: „Das Vinzidorf ist ein Wunder, das ich in meinem Leben so empfinde.“ Er habe das Elend gesehen, dass Dutzende Obdachlose in Graz jede Nacht Unterschlupf in Abbruchhäusern, unter Brücken und im Freien suchten.

Bewohner nicht gezwungen, sich zu ändern

Im Vinzidorf haben die Heimatlosen eine neue Bleibe gefunden, und sie dürfen so sein, wie sie wollen: „Dieses Gefühl, geborgen zu sein, so sein und bleiben zu dürfen, wie man ist, nicht gezwungen zu werden, den Alkohol aufzugeben oder Resozialisierungsmaßnahmen über sich ergehen zu lassen, das ist eigentlich das Geheimnis des Vinzidorfes“, sagt Pucher.

Wolfgang Pucher Vinzidorf

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Pfarrer Wolfgang Pucher hat das Vinzidorf vor 25 Jahren eröffnet

Anfangs hatte das Dorf große Widerstände zu überwinden - mittlerweile wohnen 38 Menschen dort, jeder hat seinen eigenen kleinen Container. „Seit 1. Dezember 1994 bin ich hier. Ein Jahr nach der Eröffnung bin ich gekommen, davor habe ich 20 Jahre im Freien gewohnt“, schildert Bewohner Gregor Weiss.

„Habe Dach über dem Schädel“

Andrea Filipovic ist seit drei Jahren ehrenamtliche Helferin: „Sie brauchen jemanden, der sie umarmt, wenn es ihnen schlecht geht. Und jemanden, der ihnen zuhört und ihnen das Gefühl gibt, dass sie wichtig sind.“

Wolfgang Pucher Vinzidorf

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38 Menschen wohnen derzeit im Vinzidorf in Graz

„Ich habe Liebe und Geborgenheit. Ich habe ein Dach über meinem Schädel, meinen Fernseher, mehr brauche ich nicht“, sagt Bewohner Sigi Ragitsch. Jeder hat sein eigenes Schicksal, seine eigene Geschichte, und doch gibt es Gemeinsamkeiten. „Die Suchterkrankung, die Alkoholabhängigkeit, die Arbeitslosigkeit, die verlorenen Jobs und Beziehungsabbrüche, also Scheidungen, und auch oft intensive Mutter-Sohn-Beziehungen“, erklärt Sabine Steinacher, Leiterin des Vinzidorfes.

Weitere Dörfer geplant

Die Bewohner können ein Leben lang im Dorf bleiben, 15 Prozent ihres Einkommens, beispielsweise aus der Notstandshilfe, müssen sie monatlich dafür zahlen. Es ist ein Kommen und Gehen im Vinzidorf, erst Anfang der Woche ist ein Bewohner verstorben. Die heimatlosen Männer finden ihre letzte Ruhestätte auf dem Vinzidorf-Friedhof. Seit eineinhalb Jahren gibt es auch das Vinzidorf-Hospiz, Europas erstes Hospiz für Obdachlose - für das letzte Stück des Lebenswegs.

Das Vinzidorf ist eine Erfolgsgeschichte. Der fast 80-jährige Pfarrer Wolfgang Pucher plant auch in Innsbruck, Klagenfurt und Bozen Vinzidörfer zu errichten. An ein Leisertreten denkt er nicht: „Auf keinen Fall. Solange der liebe Gott mir Kraft gibt und die Menschen mich aushalten, so lange werde ich lästig sein.“ In Wien war er erfolgreich. Dort wurde vor Kurzem ein Vinzidorf eröffnet.

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