Betriebe finden immer schwerer Nachfolger

Für Unternehmer wird es immer schwieriger, einen Nachfolger zu finden: Innerhalb der Familie wird nur mehr jeder zweite Betrieb in der zweiten Generation, überhaupt nur zehn Prozent in der dritten Generation übernommen.

In der Steiermark gibt es mehr als 30.000 Klein- und Mittelbetriebe - und in den nächsten fünf Jahren stehen 6.000 dieser Betriebe zur Übernahme an, suchen also einen Nachfolger, der sich traditionell in der eigenen Familien findet.

„Der Mensch hat sich verändert“

Gründe für die schwierige Suche nach einem Nachfolger gibt es mehrere, sagt der auf Betriebsnachfolgen spezialisierte Experte Hubert Stieninger von der Raiffeisenlandesbank Steiermark. „Der Mensch hat sich verändert. In den 60er-Jahren wurde man gar nicht lange gefragt, ob man den Betrieb übernehmen will, das war einfach so. Man ist aufgewachsen mit dem Bewusstsein, dass man Nachfolger ist. Heute gibt es einen viel liberaleren Zugang etwa zur Kindererziehung, zur Ausbildung der Kinder, und die jüngere Generation legt aus meiner Sicht auch wieder mehr Wert auf Lebensqualität.“

Beratung wird immer wichtiger

Oft fehlt aber auch das Wissen, worauf Firmenübergeber und -übernehmer bei einer Betriebsnachfolge achten müssen. Um potentielle Nachfolger bei der Übernahme zu unterstützen, gibt es in diesem Bereich viele Beratungsmöglichkeiten - etwa die Initiative „Follow“ me der Wirtschaftskammer Steiermark - mehr dazu in 7.000 steirische Betriebe suchen Nachfolger (11.7.2012). Aber auch die Raiffeisenlandesbank ist auf diesen Zug aufgesprungen und stellt einen eigenen Berater zur Verfügung, der auf Unternehmensnachfolge spezialisiert ist.

Rechtzeitig über Firmenübergabe nachdenken

Ein Drittel der Betriebsübergaben sind Notübergaben, ein Drittel der Betriebe denkt gar nicht an Übergaben, das dritte Drittel macht sich rechtzeitig darüber Gedanken - und das sollte bei Firmenschefs ab dem 55. Lebensjahr der Fall sein. Hubert Stieninger von der Raiffeisenlandesbank Steiermark hält eine Vorlaufzeit von etwa acht Jahren für optimal. Zwar muss bei einer Betriebsnachfolge auch über finanzielle Themen wie offene Kredite und sachliche Aspekte wie Betriebsanlagengenehmigungen, Mietrecht oder Unternehmensbewertung beraten werden, Stieninger geht es bei den Beratungen aber vor allem um die emotionale Ebene.

Familiäre und persönliche Themen oft vernachlässigt

Die Phase der persönlichen und familiären Themen sei die entscheidenste Phase überhaupt, sagt Stieninger, „weil wir draufgekommen sind bei den Beratungen, dass, wenn Spannungsfelder vorhanden sind, bei den handelnden Personen die Lösung der sachlichen Themen viel schwieriger bis fast unmöglich wird.“

Unklarheiten aus dem Weg räumen

Das Zwischenmenschliche bei einer familieninternen Betriebsnachfolge wird oft vernachlässigt, sagt Stieninger - etwa die heikle Frage der weiteren Zusammenarbeit, wenn der Übergeber nach der Firmenübergabe weiter im Unternehmen tätig ist. „Es birgt die Gefahr, dass Unklarheit besteht, wer ist jetzt Chef, und wer ist nicht Chef, das ist sehr häufig ein Spannungsfeld. Deswegen ist es gut, wenn man sich Spielregeln festlegt. Was tut der Senior im Betrieb, was der Chef?“

Bewahren oder Verändern?

Oft geht es bei Betriebsnachfolgen auch um das Thema Bewahren und Verändern, weiß der Experte: „Man muss sich immer schneller überlegen, sind wir noch auf dem richtigen Weg oder müssen wir den Weg ändern?“ Auch das Erbschaftsthema müsse mit allen Familienmitgliedern besprochen werden: Wie sieht es mit dem Erbteil der Angehörigen aus, die das Unternehmen nicht übernehmen?

900 steirische Betriebsübernahmen pro Jahr

Viele Gespräche und klare Regeln sind also für eine erfolgreiche Betriebsnachfolge notwendig. Laut Wirtschaftskammer Steiermark, die mit dem Projekt „Follow Me“ ebenfalls intensive Beratungen im Bereich Betriebsnachfolge betreibt, werden in der Steiermark jährlich etwa 900 steirische Betriebe an die nächste Generation übergeben. Kommenden Montag zeichnet die Wirtschaftskammer die erfolgreichste Betriebsnachfolge 2018 wieder mit dem „Follow Me“-Award aus.

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