Steirer Hauptverdächtiger bei Neonazi-Razzien

32 Hausdurchsuchungen sind am Dienstag in ganz Österreich durchgeführt worden - ausgehend von einem Konzert in der Obersteiermark im Frühjahr 2018. Die Staatsanwaltschaft Leoben führt Ermittlungen.

Hausdurchsuchungen habe es in allen Bundesländern außer Tirol gegeben. Dementsprechend waren auch „Orte in der Steiermark“ betroffen, hieß es in einer Pressekonferenz zu den Durchsuchungen. 217 Beamte des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der zuständigen Landesämter für Verfassungsschutz, des Einsatzkommandos Cobra und der jeweiligen Einsatzeinheiten in den Ländern waren im Einsatz.

Handgranaten und rechtsextreme Symbole

Bei den Razzien in Privatwohnungen sei einschlägiges Material sichergestellt worden. Bei der Pressekonferenz wurden entsprechende Fotos präsentiert. Die Bilder zeigten unter anderem Darstellungen von Mitgliedern des rassistischen Geheimbundes Ku Klux Klan oder der Schwarzen Sonne, eines wichtigen Erkennungssymbols der rechtsextremen und rechtsesoterischen Szene. „Die Bilder zeigen, dass es dem Täterkreis um eine Heroisierung nazistischer Ideen gegangen ist“, betonte Christian Pilnacek, Generalsekretär im Justizministerium.

Dazu kamen laut dem Generalsekretär im Innenministerium, Peter Goldgruber, Waffen und Kriegsmaterial, darunter Handgranaten, Stahlruten, Wurfsterne und Hieb- und Stichwaffen. „Es wurden auch Waffenverbote ausgesprochen“, so Goldgruber. Kriminaltechnische Untersuchungen würden zeigen, ob und inwieweit die Waffen funktionsfähig sind. Die Staatsanwaltschaft Leoben teilte außerdem mit, dass Tonträger, Videoaufnahmen und weitere Datenträger sichergestellt worden seien.

Generalsekretär Christian Pilnacek schaut auf einen an die Wand projeziertes Foto. Darauf sind Stichwaffen wie Messer zu sehen, die bei den Hausdurchsuchungen sichergestellt wurden.

APA/Helmut Fohringer

Generalsekretär Pilnacek vor einigen der sichergestellten Waffen

Die Beschuldigten seien zur sofortigen Vernehmung vorgeführt worden. Festnahmen habe es jedoch noch keine gegeben. Dies werde nun überprüft, sagte Pilnacek.

Ermittlungen nach Verbotsgesetz

Laut der die Ermittlung führenden Staatsanwaltschaft Leoben laufen die Ermittlungen seit Anfang 2018 gegen mittlerweile rund 90 Beschuldigte. Ausgangspunkt für die Razzien war dann ein Konzert in einem Veranstaltungslokal in der Obersteiermark, bei dem ein in der Neonazi-Szene bekannter Sänger aufgetreten sei, erklärte Pilnacek. Bei dem Konzert im Mürztal zwischen Bruck an der Mur und Mürzzuschlag wurden einige Identitäten festgestellt, berichtete Goldgruber. Die Teilnehmer haben der Staatsanwaltschaft zufolge „rechtsradikales Gedankengut“ bei dem Konzert verbreitet.

Nach umfangreichen Ermittlungen des Landesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung Steiermark wurde im Sommer 2018 eine erste Hausdurchsuchung bei einem nun Hauptverdächtigen durchgeführt. Dieser ist ein 1990 geborener Steirer, der den Auftritt organisiert haben soll. Der Mann sei bereits nach dem Verbotsgesetz verurteilt worden.

Da sich bei dieser Durchsuchung der Tatverdacht gegen die Beschuldigten erhärtet hätte, kam es nun zu den Razzien am Dienstag. Ermittelt wird wegen des Verdachts der Verbrechen nach dem Verbotsgesetz, teilte die Staatsanwaltschaft Leoben in einer Aussendung mit. Warum die Razzien erst rund ein Jahr nach dem Ausgangspunkt durchgeführt wurden, wurde mit den aufwendigen Ermittlungen und einem langen Krankenstand des mit dem Fall befassten Staatsanwalts begründet.

Identitäre und BVT Thema

Unklar war laut Goldgruber und Pilnacek, ob es Verbindungen der Beschuldigten zu Identitären und/oder Burschenschaftern gibt. Es werde Aufgabe der weiteren Ermittlungen sein, dies zu klären, sagten Pilnacek und Goldgruber. Pilnacek wies auch zurück, dass es sich bei den Hausdurchsuchungen um eine politisch motivierte Aktion handle. Hausdurchsuchungen „kann man nicht so steuern nach politischer Beliebigkeit“, sagte der Generalsekretär und verwies auf die Vorbereitungszeit.

Auch das BVT war bei den Hausdurchsuchungen im Einsatz. Beide Generalsekretäre betonten, dass die Aktion zeige, dass die Strafverfolgungsbehörden „aktiv gegen Neonazismus und Rechtsextremismus“ ermitteln. „Die Hausdurchsuchungen zeigen, dass das BVT in Sachen Rechtsextremismus voll handlungsfähig ist“, sagte Goldgruber. Nicht zuletzt beim BVT-Ausschuss war Kritik in dieser Richtung wiederholt geäußert worden.