Wahl-Debatte: EU näher zu Menschen bringen

In einer teils hitzigen Diskussion haben Mittwochabend in Graz die steirischen Kandidaten zur EU-Wahl ihre Positionen abgesteckt. Breiten Raum nahmen die Themen Landwirtschaft und EU-Armee sowie die geringe Wahlbeteiligung ein.

EU-Wahlen erfreuen sich - gemessen an der Wahlbeteiligung - geringer Beliebtheit: 2014 schritten nur 45,39 Prozent der wahlberechtigten Österreicher zur Urne, fünf Jahre davor waren es 46 Prozent. Das mache jeden Demokraten traurig, meinte Georg Mayer, EU-Abgeordneter und nun Zweiter auf der FPÖ-Liste: Das Recht, zur Wahl zu gehen, sei nicht selbstverständlich.

„Zustimmung so hoch wie noch nie“

Ähnlich argumentierte auch ÖVP-Kandidatin Simone Schmiedtbauer: „Wir müssen die EU auf Händen tragen, statt mit den Füßen treten“, sagte sie. Für Bettina Vollath (SPÖ) sollte die EU von einer „Wirtschaftsunion zu einer sozialen Union“ werden: Die Politik müsse näher zu den Menschen, und die Alltagsbedürfnisse müssten sich besser in der EU-Politik widerspiegeln - die Menschen müssten wieder das Gefühl haben, „die EU tut was für mich“. Aus ihren Gesprächen wusste Simone Schmiedtbauer zu berichten: „Die Zustimmung zur EU ist so hoch wie noch nie. Leider ist es der Brexit, der viele wachgerüttelt hat.“

Die steirischen Kandidaten für die EU-Wahl sitzen nebeneinander an einem Tisch. Davor stehen Mikrophone.

ORF

Waitz, Mayer, Vollath, Schmiedtbauer und Windberger (v.l.n.r.)

„Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand“

Neben dem Lob für die Europäische Union gab es aber auch Kritik, etwa vom Grünen-Abgeordneten Thomas Waitz: Es gebe einiges zu reparieren. Konkret sprach er dabei den Agrarbereich an, dem in der Diskussion viel Zeit gewidmet und der entsprechend heiß diskutiert wurde. „Die Bauern stehen mit dem Rücken zur Wand“, so Waitz, selbst Landwirt und in der Vergangenheit schwerpunktmäßig mit diesem Thema befasst. Er fordert, dass europäisches Steuergeld für europäische Bauern ausgegeben werde, damit diese gesunde Lebensmittel für die EU-Bürger produzieren könnten.

Streitpunkt war unter anderem die Agrarförderung. Bettina Vollath sprach sich für eine Reform der gemeinsamen Agrarpolitik aus. Sie kritisierte die sogenannte Flächenförderung: Wer schon viel habe, der bekomme zusätzlich, meinte sie. Da brauche es eine Deckelung, gerade die klein strukturierte steirische Landwirtschaft müsse hier unterstützt werden. NEOS-Kandidat Stefan Windberger schlug in eine ähnliche Kerbe: Kleine Betriebe und Biodiversität durch Förderungen zu unterstützen sei „super“, „aber diese großen Betriebe zu unterstützen, ist nicht fair“, so Windberger.

Anders sah das die ÖVP-Kandidatin: „Wir brauchen die Großen, um eine Lebensmittelsicherheit zu garantieren, wenn wir auf Importe verzichten wollen“, so Schmiedtbauer, die ebenfalls in der Landwirtschaft tätig ist - sie sei für eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung für Lebensmittel auf europäischer Ebene. Georg Mayer sprach wie auch Windberger die Situation in Afrika an: Von der EU subventionierte Lebensmittel, die nach Afrika exportiert werden, würden dort den ländlichen Raum zerstören.

Für und Wider bei EU-Armee

Damit ging Mayer indirekt auf die Asyl-Thematik ein: Zu den gerade präsentierten FPÖ-Wahlplakaten meinte er, er trage das Asylthema mit. Man müsse seiner Ansicht nach unterscheiden zwischen Asyl und Wirtschaftsmigration: Ersteres stehe außer Streit, allerdings brauche es einen funktionierenden Außengrenzschutz. Windberger sprach sich in diesem Zusammenhang für einen Ausbau von Frontex und für einheitliche Asylverfahren in der EU aus. Der NEOS-Kandidat nannte dabei eine EU-Armee als mögliche Lösung und sprach von den Vereinigten Staaten von Europa.

Mayer hingegen konnte dieser Idee nichts abgewinnen - die Wahl sei dahingehend eine Richtungsentscheidung. Die FPÖ wolle „souveräne Mitgliedstaaten, die auf Ebene der europäischen Union kooperieren“, so Mayer. Widerspruch gegen die EU-Armee kam auch von grüner und von ÖVP-Seite: Waitz meinte, er sehe die EU als Demokratie-Macht, „noch einen Säbelrassler braucht die Welt nicht.“ Ebenso wollte Schmiedtbauer „keine EU-Armee und kein Geld für Waffen“ ausgeben. Die EU sei ein Friedensprojekt und zu klein, um sich im Ernstfall gegen einen „Giganten“ verteidigen zu können.

Klimawandel als Thema

Die FPÖ will „Kompetenzen zurück nach Österreich holen“, nur Bereiche, die auf EU-Ebene besser geregelt werden können als auf nationaler Ebene, sollen auch dort verbleiben - dazu gehört etwa der Umweltschutz: Hier sollte mehr in Forschung und Entwicklung investiert werden. Es könne nicht sein, dass „man hysterisch CO2-Ziele formuliert, die realistisch nicht umsetzbar sind beziehungsweise der Industrie - etwa der Autoindustrie - in Europa schaden“, so Mayer. Schmiedtbauer verwies auf die hohen Öko- und Biostandards in Österreich, die sie auch auf EU-Ebene einfordern wolle; sie sei außerdem für die Umstellung auf grüne Energie und für den Plastikabbau.

Mehrheit für CO2-Steuer

Für eine europäische CO2-Steuer sprachen sich Windberger, Vollath und Waitz aus, letzterer in Verbindung mit einer gleichzeitigen Senkung der Lohnsteuer. Vollath meinte, viele Entwicklungen, etwa der Klimawandel, „finden statt, egal ob mit oder ohne EU“ - die EU könne dem aber etwas entgegensetzen.

Waitz appellierte an eine Rückkehr zu einer verantwortungsvollen Politik, „dass wir unseren Enkelkindern einen Planeten hinterlassen, der lebensfähig ist, wo sie Lebensumstände vorfinden, die so gut sind wie unsere oder vielleicht sogar besser. Diesem Dogma haben wir alle unsere anderen Politiken unterzuordnen“.

Wahltag am 26. Mai

Die EU-Wahl findet am 26. Mai statt. Den letzten Umfragen zufolge werden die ÖVP mit sechs, SPÖ und FPÖ mit je fünf Sitzen und Grüne und NEOS mit jeweils einem Sitz im EU-Parlament vertreten sein. Dort sitzen die Abgeordneten in länderübergreifenden Fraktionen und versuchen, abhängig vom Thema, wechselnde Mehrheiten zu finden. Mit 217 Parlamentariern vereint momentan die Europäische Volkspartei die meisten Sitze einer Fraktion auf sich.

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