Klasnic zu Bierlein: Gewinn für Österreich

Bundespräsident Van der Bellen hat Brigitte Bierlein mit der Regierungsbildung beauftragt. Sie ist auch Mitglied der von Waltraut Klasnic geleiteten Opferschutzkommission. Klasnic sprach von einem Gewinn für Österreich.

Erstmals in der Geschichte der Republik wird damit eine Frau die Regierungsgeschäfte in Österreich leiten - mehr dazu in Bierlein wird Übergangskanzlerin. Mit Bierlein will das Staatsoberhaupt nicht nur die bisher höchste Amtsträgerin im Bereich der Rechtsprechung zur Bundeskanzlerin ernennen, sondern auch eine verdiente Expertin in der Aufarbeitung von Missbrauchs- und Gewaltfällen im kirchlichen Bereich. Denn seit rund neun Jahren ist die jetzige Präsidentin des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) auch Mitglied der von Waltraut Klasnic geleiteten Unabhängigen Opferschutzkommission.

Brigitte Bierlein

APA/Hans Punz

„Beruhigung und Vertrauensaufbau“

In einer ersten Stellungnahme betonte die designierte Bundeskanzlerin, dass „Beruhigung und Vertrauensbaufbau“ das wichtigstes Ziel der neuen Regierung sei. Sie werde dafür Gespräche nicht nur mit den Parteien, sondern auch den Sozialpartnern, der Zivilgesellschaft und den Kirchen und Religionsgemeinschaften führen, wie Bierlein ausdrücklich betonte.

VfGH tagt weiter

Die in Wien am 25. Juni 1949 in Wien geborene Top-Juristin war auch die erste Frau an der Spitze des Verfassungsgerichtshofes. Sie wurde am 23. Februar 2018 auf Vorschlag der Bundesregierung von Bundespräsident Van der Bellen dazu ernannt und wird dieses Amt nach ihrer Ernennung zur Bundeskanzlerin an den VfGH-Vizepräsidenten Christoph Grabenwarter abgeben - mehr dazu in VfGH: Grabenwarten übernimmt von Bierlein.

Opferschutzkommission

Waltraud Klasnic war am Höhepunkt der kirchlichen Missbrauchskise im März 2010 von Kardinal Christoph Schönborn ersucht worden, als Unabhängige Opferschutzanwältin tätig zu werden, wobei der Vorsitzende der Österreichischen Bischofskonferenz dabei völlige Freiheit in der Arbeitsweise und in der Auswahl ihres Teams zusicherte. Die frühere steirische Landeshauptfrau stellte daraufhin die Opferschutzkommission zusammen, der von Anfang an auch die damalige Höchstrichterin Brigitte Bierlein angehörte. Am 14. April 2010 präsentierte Klasnic erstmals ihr Team. Weitere Mitglieder der Expertenkommission waren und sind bis heute neben Bierlein und Klasnic Prof. Reinhard Haller, Udo Jesionek, Ulla Konrad, Werner Leixnering, Caroline List und Kurt Scholz.

Waltraud Klasnic

APA/Roland Schlager

Klasnic: „Ein Gewinn für Österreich“

Waltraud Klasnic sagte in einer ersten Reaktion zur Beauftragung Bierleins: „Sie wird es gut machen, sie wird unaufgeregt sein, aber sie wird die Verantwortung voll wahrnehmen. Grundsätzlich ist das eine ausgezeichnete Entscheidung gewesen. Ich freue mich, dass Brigitte Bierlein die erste Frau ist - die sie ja so oft ist - ein Gewinn für Österreich ist in dieser nicht einfachen Zeit“, sagte Waltraud Klasnic im Interview mit dem ORF Steiermark. Sie schätze auch in der Kommission der Erfahrungsschatz Bierleins, sagte Klasnic.

Ob Bierlein das Amt in der Kommission weiterführen werde, sei noch offen, sagte Klasnic, „weil ich mag Brigitte Bierlein, und wenn man jemanden mag, dann lässt man ihn in einer solchen Situation in Ruhe.“

Bisher mehr als 2.000 Fälle entschieden

Die Klasnic-Kommission hat bisher mehr als 2.000 Fälle entschieden. Alle Entscheidungen der Kommission wurden von der Kirche vollständig umgesetzt. Bisher wurde Betroffenen insgesamt 27,8 Millionen Euro an Finanzhilfe und für Therapien zuerkannt - mehr dazu in Katholische Kirche: 27,3 Millionen Euro für Opfer. Die von Bierlein mitenwickelte Arbeitsweise der Opferschutzkommission wurde zum Vorbildfür für später auf Ebene der Bundesländer eingerichtete staatliche Kommissionen. Das Modell gilt auch international als vorbildhaft.

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