Anklage nach Missbrauch in Grazer Jugend-WG

Fünf Monate nach dem Bekanntwerden von mutmaßlichen Vergewaltigungen in einer Grazer Jugend-WG werden nun drei Jugendliche angeklagt. Sie sollen über drei Jahre hinweg sexuelle Gewalt an vier jüngeren Mädchen ausgeübt haben.

Das jüngste Opfer in der Wohngemeinschaft für besonders schwierige und teils aggressive Jugendliche war zu Beginn der Übergriffe erst acht Jahre alt. Die drei Angeklagten sind jetzt 17 Jahre alt. Der Prozess gegen sie beginnt voraussichtlich im Herbst.

Vorwurf: Mehrfache Vergewaltigung

Barbara Schwarz, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Graz, sagte: „Den drei jugendlichen Angeklagten wird als schwerwiegendster Vorwurf das Verbrechen der Vergewaltigung in mehreren Fällen vorgeworfen, es gibt insgesamt vier Opfer, also schwerer sexueller Missbrauch von Unmündigen, und einem Angeklagten wird das Vergehen der Körperverletzung auch in mehreren Fällen und darüber hinaus der Tatbestand der gefährlichen Drohung vorgeworfen“ - mehr dazu in Missbrauch in Jugend-WG: Ermittlungen laufen (16.6.2013).

Mit diesen Drohungen sollten die Mädchen davon abgebracht werden, Anzeige zu erstatten, so die Anklage. Sie war nach der Anzeige durch eine Mutter und durch Aussagen der vier Mädchen zustande gekommen, aber, so Schwarz, insbesondere auch durch die geständige Verantwortung der Angeklagten. Ein Jugendlicher soll gegenüber zwei Polizistinnen auch einen länger zurückliegenden sexuellen Missbrauch an seiner damals zweijährigen Stiefschwester zugegeben haben.

Ermittlungen auch gegen Mutter eines Angeklagten

Bezeichnend für die Lebensgeschichte der drei Burschen, die aus der Dominikanischen Republik, Österreich und Brasilien stammen, ist die angeblich gewalttätige Reaktion einer Mutter auf den mutmaßlichen Missbrauch. Dazu Schwarz: „Der Mutter des einen Angeklagten wird das Vergehen der fortgesetzten Gewaltausübung vorgeworfen, und da werden jetzt auch diesbezüglich Ermittlungen durchgeführt.“

Aufzeichnungen der Betreuer werden geprüft

Kein Ermittlungsverfahren gibt es - zumindest derzeit - gegen die Betreuer in der Wohngemeinschaft der Stadt Graz, aber die Staatsanwaltschaft prüft ihre Aufzeichungen und Akten. Dem Vernehmen nach soll es vereinzelt Aufzeichnungen geben über Vorfälle, bei denen Betreuer die Jugendlichen in etwas verdächtigen Positionen erwischt haben.

Die Staatsanwältin sagte außerdem: „Es gibt eine Auffälligkeit, dass in dieser sozialpädagogischen Betreuungseinrichtung Mädchen aus problematischen Familienverhältnissen, die zwischen neun und 14 Jahre alt sind, gemeinsam untergebracht werden mit teilweise hochaggressiven männlichen Bewohnern, wo noch nicht klar ist, ob das tatsächlich von strafrechtlicher Relevanz ist.“

Klage gegen Jugendamt steht im Raum

Eine Mutter zweier betroffener Mädchen wirft dem Grazer Jugendamt jedenfalls Fahrlässigkeit vor und hat eine zivilrechtliche Klage gegen das Grazer Jugendamt angekündigt - mehr dazu in Missbrauch in Jugendheim: Mutter klagt (7.3.2013). Eingestellt hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen gegen zwei weitere Burschen, die auch in der Wohngemeinschaft gelebt hatten.