Gratkorn setzt auf eisernen Sparkurs

Die Gemeinde Gratkorn blickt auf Schulden von 38 Millionen Euro. Während die Gemeindeaufsicht weiter nach den Ursachen dafür sucht, beschloss der Gemeinderat Mittwochabend ein striktes Sanierungskonzept, das auch die Bürger trifft.

Offene Rechnungen und Schulden in Millionenhöhe - dieses desaströse Bild der Finanzen von Gratkorn tauchte im Vorjahr eher zufällig auf, nachdem ein Buchhalter durch einen Unfall plötzlich ausgefallen war - mehr dazu auch in Gratkorn in finanziellen Turbulenzen (20.6.2013).

Weniger Geld für Bürger und Vereine

Seither ist die Gemeinde darum bemüht, das Finanzloch wieder zu stopfen. Erst am Mittwoch wurde im Gemeinderat ein entsprechendes Sanierungskonzept beschlossen, das mit Hilfe eines externen Beraters umgesetzt werden soll: insgesamt 67 einzelne Maßnahmen, die Gratkorn finanziell wieder auf die Beine bringen sollen - etwa durch den Verkauf des Alten- und Pflegeheims und 183 gemeindeeigenen Wohnungen.

Doch auch die Bürger werden den Sparkurs zu spüren bekommen: Die Wasser- und Kanalgebühren werden erhöht, die Öffentlichkeitsarbeit der Gemeinde wird reduziert, und es soll weniger Geld in die Vereine fließen - das gilt vor allem auch für den insolventen Gratkorner Fußballclub, der bislang stark von der Gemeinde unterstützt wurde.

Bürgermeister Ernest Kupfer

ORF

Bürgermeister Kupfer sieht dem Prüfbericht mit gemischten Gefühlen entgegen

„Reißleine in letzter Minute“

Auf diese Weise soll es gelingen, rund zwei Millionen Euro pro Jahr einzusparen, sagt Bürgermeister Ernest Kupfer (SPÖ): „Wenn diese Einsparungspotentiale erzielt werden, wovon ich ausgehe, haben wir ab dem Jahr 2014 wieder ein positives Ergebnis“, also ein ausgeglichenes Budget oder sogar einen leichten Überschuss.

Auch Kommunalfinanzierungsexperte Peter Pilz ist zuversichtlich, dass die Gemeinde ihren Schuldenberg von aktuell 38 Millionen Euro in den Griff bekommt: „So gesehen ist in letzter Minute die Reißleine gezogen worden. Und wenn die Gemeinde in den nächsten fünf Jahren das Konsolidierungskonzept einhält, kann man die Schulden in den nächsten fünf Jahren um zehn, zwölf Millionen Euro reduzieren - dann ist der Schuldenstand wieder in einer halbwegs sinnigen Relation zum Gesamtbudget.“

Gemeindeaufsicht prüft weiter

Ungeachtet der Bemühungen, die Schulden wieder loszuwerden, prüft die Gemeindeaufsicht des Landes Steiermark, wer für diese überhaupt verantwortlich ist. „Konsequenzen sind damit natürlich nicht ausgeschlossen, hier wird noch auf den Prüfbericht gewartet, und es wird auf jeden Fall Konsequenzen geben“, sagt Vizebürgermeister Patrick Sartor (ÖVP), dessen Partei den Konsolidierungskurs mitträgt. Denn wer den Weg in die Zukunft gehe, so Santor, müsse erst die Vergangenheit aufarbeiten.

Kritik von der KPÖ

Heftige Kritik übt die steirische KPÖ vor allem, was den Verkauf der Gemeindewohnungen betrifft: Privatisierung sei immer ein Diebstahl am öffentlichen Eigentum, auch wenn dies im Fall Gratkorn als Notverkauf dargestellt werde, sagt die Grazer Stadträtin Elke Kahr, die auch Vorsitzende der KPÖ Graz-Umgebung ist.

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