Karlau-Häftling nähte sich Mund zu

Mit Nadel und Zwirn den Mund zugenäht hat sich ein Häftling in der Justizanstalt Graz-Karlau. Motiv soll ein Protest gegen angebliche Missstände im Strafvollzug sein. Die Anstaltsleitung wies die Vorwürfe zurück.

Der 44-Jährige - er sitzt in der Karlau eine vierjährige Haftstrafe ab - griff am Sonntag vor dem Spiegel seines Haftraum-Klos zu Nadel und Zwirn und nähte sich damit seinen Mund zu.

Protest gegen „haltlose Zustände“

Der Häftling gehört zu jener Gruppe von Männern, die nach deutschem Vorbild eine Gefangenen-Gewerkschaft aufbauen wollen. Er wolle sich nicht mehr mundtot machen lassen, ließ er über Mithäftlinge ausrichten; außerdem würden den Insassen benötigte Pflegeartikel wie Seife und Klopapier fehlen.

Anstaltsleiter Josef Mock erklärte, die vorgebrachten Missstände nicht nachvollziehen zu können: „Es handelt sich hier scheinbar um das subjektive Empfinden eines Strafgefangenen, der seine Haft als ungerecht erlebt.“ Aus seiner Sicht sind die Vorwürfe haltlos: „Jeder Häftling kann sich mit Beschwerden an mehrere Stellen wenden“, in punkto Hygiene werde jeder Häftling „ordentlich versorgt“, so Mock.

Kann noch rauchen und trinken

Der Leiter sprach von einer Aktion, mit der der Häftling Aufsehen erregen will, hungern müsse er trotz der Naht nicht: „Er hat die Fäden so angebracht, dass er noch rauchen, trinken und flüssige Nahrung zu sich nehmen kann.“ Im Krankenhaus steht der 44-Jährige unter medizinischer und psychologischer Betreuung, und das bleibe er auch, bis er sich die Nähte entfernen lässt: „Ich möchte niemanden mit zugenähtem Mund in der Anstalt haben“, so Mock.

Unter Zwang können die Fäden nicht entfernt werden, da keine Lebensgefahr besteht; da sich die Naht aber entzünden kann oder der Häftling bei einem möglichen Erbrechen ersticken könnte, muss er in Behandlung bleiben.

Bisher völlig unauffällig

Der 44-Jährige war bereits 2014 wegen eines Suchtmitteldelikts zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Zunächst verbüßte er seine Haft in Eisenstadt, wurde aber, weil er dort in Hungerstreik getreten war, in die Justizanstalt Graz-Karlau verlegt; dort sei er bisher völlig unauffällig gewesen, heißt es. Inwieweit die jüngste Aktion disziplinäre Folgen für den Deutschen haben könnte, sei laut Mock noch unklar; eine Änderung der Haftbedingungen sei vorerst jedenfalls nicht geplant.