IS-Prozess in Graz: Nur ein Angeklagter erschienen

Im Grazer Straflandesgericht hat am Dienstag erneut ein sogenannter IS-Prozess begonnen. Drei mutmaßliche Dschihadisten waren angeklagt. Vor Gericht erschien aber nur einer der Beschuldigten.

Die angeklagten Männer wurden im Jahr 2014 im Zuge einer großen Razzia in Graz ausgeforscht. Zum Prozess erschien am Dienstag aber nur der Erstangeklagte; die beiden anderen Angeklagten sind untergetaucht.

Aus Angst nicht vor Gericht erschienen

Der Aufenthaltsort der beiden türkischen Staatsbürger ist den österreichischen Behörden nicht bekannt. Auch der erschienene Erstangeklagte - er ist in der Türkei geboren und mit einem Jahr nach Österreich gekommen und österreichischer Staatsbürger – sagte, er wisse nicht, wo sich die beiden aufhalten würden. Der Anwalt eines abwesenden Angeklagten meinte, er habe mit seinem Mandaten nur E-Mail-Kontakt gehabt. Dieser sei aus Angst nicht vor Gericht erschienen.

Warnung vor anti-islamischer Stimmung

Er soll sich irgendwo in der Türkei aufhalten, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Dort habe man ihm gesagt, er solle nicht nach Österreich zurückkehren, weil hier eine anti-islamische Stimmung herrsche. Für den Staatsanwalt ist klar: Alle drei sind in Österreich im selben Glaubensverein gewesen und hätten sich der Terrororganisation Islamischer Staat angeschlossen. Deren Ziel sei es, einen weltweiten islamischen Gottesstaat mit islamistischem, totalitärem Herrschaftskonzept aufzubauen und Ungläubige zu töten.

In Österreich hätten die Angeklagten an Koranverteilungsaktionen teilgenommen und Kontakt zu radikal-islamischen Kreisen in Deutschland gehabt. In Kairo hätten sie einen arabischen Sprachkurs besucht, um sich vorzubereiten. Dann seien sie weiter nach Syrien gezogen, um sich dort als Krieger dem IS anzuschließen.

Angeklagter bekannte sich nicht schuldig

Der Staatsanwalt sieht schon durch die Abreise aus Österreich das Delikt der Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung vollendet. Der Anwalt des Erstangeklagten kann hingegen keinen einzigen Beweis dafür erkennen. Sein Mandat sei nur wenige Tage in Syrien gewesen und dann wieder nach Österreich zurückgekehrt. Dass sein Mandant mit Menschen bekannt gewesen sei, die für den IS kämpften, könne auch kein Strafbestand sein. Die Anklage stütze sich nur auf Vermutungen, so der Verteidiger und auch der Angeklagte selbst bekannte sich nicht schuldig.

Im Falle einer Verurteilung drohen ihm ein bis zehn Jahre Haft. Da die Anklage sehr umfangreich ist, ist der Prozess für drei Tage angesetzt. Gegen die beiden nicht erschienenen Angeklagten dürften laut Staatsanwaltschaft Haftanträge gestellt werden. Sollten sie je ausgeforscht werden, wird gegen sie ein eigener Prozess vorbereitet.

Straflandesgericht Graz

ORF.at/Roland Winkler

Der Prozess findet - wie schon die vorangegangen - unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt

Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen

Der Prozess findet unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen statt. Im gesamten Gerichtsgebäude sind Foto- und Filmaufnahmen verboten. Laut Staatsanwaltschaft sind derzeit beim Landesgericht für Strafsachen zehn Beschuldigte wegen derartiger Delikte in Untersuchungshaft. Erst im Februar wurde die U-Haft für die Beschuldigten verlängert; eine Person wurde damals enthaftet.

Im Vorjahr gab es in Graz eine Reihe von IS-Prozessen mit Verurteilungen – unter anderem wurde ein Prediger zu 20 Jahren Haft verurteilt; ein Urteil, das noch nicht rechtskräftig ist und derzeit vom Obersten Gerichtshof geprüft wird – mehr dazu in Islam-Prediger in anderes Gefängnis verlegt (8.2.2017).