VW-Abgas-Skandal: Juristische Spitzfindigkeiten

Der VW-Abgas-Skandal ist in den steirischen Gerichtssälen angekommen: Am Freitag fand die erste Sitzung im Streit „Verein für Konsumenteninformation (VKI) gegen VW“ in Leoben statt - mit juristischen Spitzfindigkeiten.

Pünktlich um 9.00 Uhr begann die erste Tagsatzung in der Steiermark - mehr dazu in VW-Abgas-Skandal: Erster Prozess in Leoben (13.3.2019). Nur ein kleiner Teil der insgesamt 640 Steirer, die sich der Sammelklage des VKI angeschlossen hatten, waren vor Gericht dabei. Sie wollen insgesamt 3,9 Millionen Euro geltend machen - bei vielen hätten die angeblichen Abgasmanipulation einen Verlust von 20 Prozent des Kaufpreises zur Folge.

Diskussion um Zuständigkeiten

Der Beginn war wie erwartet von juristisch-organisatorischen Details geprägt. So skizzierte der Richter die Größe eines möglichen Prozesses, erinnerte an die Notwendigkeit von Sachverständigen - etwa um den Wertverlust der Fahrzeuge zu bestimmen -, aber auch an die Tatsache, dass die Sammelklage mehr als 600 Fahrzeuge inklusive ihrer Lenker umfasst.

Gleichzeitig stellte er die Frage, ob man nicht an einem Vergleich interessiert sei. Die Seite der Beklagten verneinte - der Beginn der Zuständigkeitsdiskussion. Für den Richter entscheidend war hier die Frage, wo die Kaufverträge abgeschlossen wurden. Daraufhin wurden einige strittige Beispiele der mehr als 600 Verträge besprochen. Bei zwei Exemplaren bestehe laut den VW-Anwälten der Verdacht der Manipulation: Sie müssen nachgereicht, andere Käufer befragt werden.

Verhandlung in Leoben wahrscheinlich

Voraussichtlich Mitte Mai wird entschieden, ob das Landesgericht Leoben den Fall übernimmt. Einen Termin für die Verhandlung zur Sache selbst gibt es aber bereits: Anfang Juli soll es losgehen, unter anderem sollen Wolfgang Porsche und Hans Michael Piech als Zeugen geladen sein.

Die geforderten Ansprüche in Höhe von 3,9 Millionen Euro standen am Freitag noch gar nicht zur Debatte. Doch obwohl erst organisatorische Hürden genommen werden müssen, stehen grundsätzlich alle Zeichen, dass in Leoben verhandelt wird, auf Grün.

„Exzellent vorbereitetes Gericht“

Die Verbraucherschützer sprachen von einer „Kehrtwende zur Frage der Zuständigkeit“: "Das exzellent vorbereitete Gericht hat in einer dreistündigen Verhandlung als erstes Gericht in den Sammelklagen - anders als zuletzt das LG Feldkirch und LG Korneuburg - klar zu erkennen gegeben, dass es sich als zuständig betrachtet. „Es wird nur zu prüfen sein, ob allenfalls für einzelne Fälle andere Gerichte in Österreich zuständig sind“, sagte Thomas Hirmke, Leiter des Bereichs Recht beim VKI, zur APA.

Seitens des Gerichts hieß es, dass mehrere Zuständigkeitsfragen noch nicht mit Beschluss fixiert worden seien. Nach derzeitigem Stand sehe es zwar nach einem Verfahren mit Einzelrichter in Leoben aus, doch es sei auch noch die Möglichkeit eines Senats oder einer gänzlichen Verlegung zu einem anderen Gericht oder gar nach Deutschland möglich.

VW-Anwälte gelassen

Thomas Kustor und Sabine Prossinger von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer, der österreichischen Rechtsvertretung der VW AG, erklärten am Freitag: „Das Landesgericht Leoben hat in der Verhandlung betreffend den VKI erklärt, nach Prüfung der Zuständigkeitsfrage in die Sache selbst einzusteigen und hat dafür auch schon einen Verhandlungstermin anberaumt. Die VW AG sieht dem weiteren Verfahren gelassen entgegen.“

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