Normen der Macht zum Abschied

Das Frauendokumentations- und Projektzentrum Graz wird mangels Finanzierung zugesperrt. Zum Abschied zeigen mehrere Künstler in einer Ausstellung, wie viele Normen unserer Gesellschaft noch zu hinterfragen sind.

Das Grazmuseum erweitert mit der kürzlich eröffneten Ausstellung „Weiße Normen der Macht“ seinen Blick auf Graz um eine weitere Facette: den feministischen Blick. Ausgehend vom Archiv des Grazer Frauendokumentations- und Projektzentrums (DOKU) wird nun auch Grazer Frauengeschichte in die Sammlung des Grazmuseums aufgenommen.

Edda Strobl, Ohne Fesseln
Edda Strobl, People, 2013
Wandzeichnung, Graffiti

Edda Strobl

Veranstaltungstipp:

„Weiße Normen der Macht“, bis 17. Februar 2014 im Grazmuseum

Frauen-Dokumentationszentrum schließt

Die schlechte Nachricht: Das DOKU Graz ist mangels Basisfinanzierung mit Ende dieses Jahres Geschichte. „Wir haben beschlossen, die Leerstelle zuzulassen, die entsteht, wenn wir damit aufhören, den Widerspruch zwischen fehlender Basisfinanzierung und kurzfristiger Projektfinanzierung fortwährend auf unsere eigenen Kosten zu kompensieren“, so Geschäftsführerin Karin Ondas.

„Nachlass“ wird aufgeteilt

So wird die von der Institution gesammelte feministische Geschichte, das Archiv, zweigeteilt: Der steiermarkspezifische Bestand wird in die Sammlung des Grazmuseums eingegliedert, der Rest geht nach Wien. Das DOKU verabschiedet sich mit einer Ausstellung, die mit aktuellen Kunst-Positionen unter anderem das Weiß-Sein oder Männlichkeit und Weiblichkeit hinterfragt.

Nachdenken über eigene Privilegien

Eine Arbeit thematisiert dazu die Namen von Straßen und Plätzen. Ein Namensvorschlag der Künstlergruppe Annegang: die „letzter-weißer-Typ-Straße“. „Mir geht es ganz besonders darum, einen Ort zu schaffen, wo man über die eigene Position in unserer Gesellschaft nachdenken kann“, sagt Kuratorin Eva Taxacher. Zum Beispiel darüber, „welche Privilegien sie mit sich bringt, welche Nachteile sie mit sich bringt.“

Zustände in Frage stellen

Die Arbeiten stammen unter anderem von Daniela Comani, Edda Strobl, Maiz, Nana Schulz und Peter Weibel. Sie stellen gültige Normen zur Diskussion - etwa die Heterosexualität und die damit einhergehende Benachteiligung von Homosexuellen. Einige der Fragen: Wo beginnen Rassismus, Sexismus und Homophobie? Wer darf nach Europa und wer muss draußen bleiben?

Eating Europe, 2013.
Trailer, Still.

maiz/Kultur

Standbild aus Maiz’ „Eating Europe“

Was bedeutet Heimat, was eine Behausung?

Mit Migration und Heimat beschäftigt sich etwa Anna Jarmolaewas Video: Es zeigt zunächst ein volles Bücherregal, im nächsten Schritt ein Wohnzimmer und erst mit dem Entfernen der Kamera eröffnet sich der Schrecken - der Raum ist nur der Rest eines zerstörten Hauses.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 21.11.2013

„Unmittelbar vor der Bücherwand ist die Decke gebrochen, und diese Unmöglichkeit des Wohnens eröffnet sich uns“, beschreibt Kuratorin Barbara Baur-Edlinger das Projekt weiter. „Dieses Video ist Ausgangspunkt für die Fragestellung der Migration: Was heißt es überhaupt, irgendwo sein zu dürfen; Wohnung, Behausung, Heimat zu haben? Was zwingt einen, irgendwohin gehen zu müssen, flüchten zu müssen, einen anderen Ort aufzusuchen, um überhaupt überleben zu können.“

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