„Fall Oliver“: Dänischer Vater angeklagt

Die Staatsanwaltschaft Graz erhebt Anklage im Fall Oliver. Nachdem ein Däne im April seinen fünfjährigen Sohn in Graz seiner Mutter entrissen und nach Dänemark gebracht hatte, soll ihm jetzt in Graz der Prozess gemacht werden.

Im „Fall Oliver“ - mehr dazu in Kindesentziehung - Vater will sich stellen (3.4.2012) erhebt die Staatsanwaltschaft Graz nun Anklage gegen den dänischen Vater des fünfjährigen Buben wegen schwerer Nötigung sowie Freiheitsentziehung. Das teilte die Staatsanwaltschaft Graz am Donnerstag mit. Seit April lebt der Mann mit dem fünfjährigen Oliver in Dänemark.

Prozess erst nach dem Sommer

Auch wenn die dänischen Behörden bisher eine Auslieferung ihres Staatsbürgers verweigert hätten, müssten sie doch im Sinne internationaler Abkommen kooperieren. Falls der 40-jährige tatsächlich nicht zur Verhandlung erscheinen sollte, könne man zu Zwangsmitteln greifen, so der Sprecher der Staatsanwaltschaft, Hansjörg Bacher. Realistischerweise werde der Prozess nicht im Sommer stattfinden können.

Vater muss anwesend sein

Die Staatsanwaltschaft hatte am 4. Juli beim Landesgericht für Strafsachen im Ermittlungsverfahren wegen der Entführung des fünfjährigen Buben aus der Obhut der Mutter nach Dänemark Strafantrag gegen dessen dänischen Vater erhoben. Die entsprechenden Ermittlungen seien abgeschlossen, so Bacher, nun werde die Hauptverhandlung anzuberaumen sein, in Abwesenheit des Angeklagten könne nicht verhandelt werden.

Seine Adresse ist bekannt, der Strafantrag bereits zugestellt, sagt Bacher: „Ob er einer solchen Ladung Folge leistet, muss man jetzt abwarten, und erst dann werden weitere Schritte überlegt werden.“

Entführter Sohn mit Vater in Zeitungsbericht

Jyllands Posten

Der Vater des fünfjährigen Oliver wird nun in Graz angeklagt

Wenn der Vater der Vorladung nicht Folge leistet, könne auch wieder ein Europäischer Haftbefehl überlegt werden, so Bacher. Dieser war Mitte Juni vom Oberlandesgericht aufgehoben worden - mehr dazu in Fall Oliver: Haftbefehl gegen Vater aufgehoben (18.6.2012), da keine Fluchtgefahr des Vaters bestehe, da dieser in Dänemark sozial integriert sei.

Unbekannter Helfer im Visier der Ermittlungen

Nicht beendet seien die Ermittlungen hingegen im Falle jenes unbekannten Komplizen, der die Mutter von Oliver festgehalten hatte, als der von der Mutter getrennt lebende Vater am 3. April das Kind vor einem Kindergarten in Graz an sich gebracht, in ein Auto geschafft und nach Dänemark gebracht hatte. Über die Identität des Helfers hatte der Vater gegenüber den dänischen Behörden keine Angaben gemacht.

Konflikt um widersprechende Gerichtsentscheide

Die Rechtsanwältin der Mutter hatte nach dem Vorfall einen Antrag auf Rückführung des Kleinen gestellt. Kern des Konflikts sind zwei sich widersprechende Gerichtsentscheide: In Dänemark wurde dem Vater die Obsorge zugesprochen, und zwar im Vorjahr, in Österreich der Mutter. Der Vater beruft sich naturgemäß auf den dänischen Rechtsspruch.