Über 300 Akten liegen gelassen: Referentin verurteilt

In Graz ist am Mittwoch eine Referentin des Strafamtes der Bundespolizeidirektion zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt worden. Der Staatsanwalt warf ihr Amtsmissbrauch vor, weil sie über Jahre hinweg mehr als 300 Akten unbearbeitet in einem Schrank abgelegt hatte.

18.000 Euro Schaden seien der Republik entstanden, rechnete der Staatsanwalt vor - durch Strafgelder, die deshalb nicht eingetrieben werden konnten, weil die 56-Jährige 333 Akten einfach unbearbeitet ließ.

„Arbeit immer weiter aufgeschoben“

Die Strafreferentin bekannte sich nicht schuldig: Sie sei in der Annahme gewesen, die betroffenen Verfahren hätten allesamt eingestellt werden sollen. Sie sei seit Jahren überfordert gewesen, da sie bis zu 300 Akten im Monat auf ihren Schreibtisch bekomme und mit der Aufarbeitung nicht fertig werde; deshalb habe sie seit 2003 jene Akten, die ihr nicht so dringend erschienen, einfach in einen Schrank gelegt.

Tatsächlich hätten von jenen 333 Akten tatsächlich über 200 eingestellt werden sollen - trotzdem könne man so in einem Amt nicht arbeiten, so der Richter. „Ich weiß, ich habe die Arbeit immer weiter aufgeschoben und wollte alles später erledigen, doch es sind immer dringendere Fälle dazwischengekommen“, antwortete die 56-Jährige.

Leiter: „Immer mehr Verfahren, nie mehr Personal“

Bei bis zu 80.000 Akten, die das Strafamt pro Jahr zu erledigen hat, fallen 300 auch nicht gleich auf, dennoch fand der Chef des Grazer Strafamtes die liegen gebliebenen Akten. Auch der Strafamtsleiter sprach beim Prozess von einer permanenten Überlastung in seiner Abteilung: Es gebe immer mehr Verfahren, aber nie mehr Personal. Die Angeklagte wiederum sagte, sie habe mehrmals bei ihrem Vorgesetzten um personelle Hilfe gebeten, doch ihre Wünsche seien ungehört geblieben.

Ungehört blieben auch die Entschuldigungsversuche vor Gericht: Die Strafreferentin wurde nicht rechtskräftig zu zehn Monaten bedingter Haft verurteilt.