Grazer Forscher: Kunststoff aus Tierabfall
In der europäischen Schlachtindustrie und den Tierkörperverwertungsanstalten fallen jährlich rund 500.000 Tonnen tierischer Fette als Abfall an. Diese Fette sinnvoll zu nutzen war die Aufgabenstellung für ein Team von Grazer Forschern der Technischen Universität in Kooperation mit elf europäischen Partnern.
ORF
„Grüner“ Kunststoff aus tierischen Fetten.
Drei Mio. Euro Forschungsgelder
Das EU-Forschungsprojekt „Animpol“ läuft seit 2010 und ist in Summe mit drei Millionen Euro an EU-Forschungsgeldern dotiert, schildert Projektleiter Martin Koller
Die meisten Abfälle aus Schlachthöfen und der Tierkörperverwertung - vor allen Dingen Lipide (Fette) - werden derzeit verbrannt. Stoffe, die unter Umständen sehr nützlich sein könnten, gehen somit buchstäblich in Rauch auf. „Die Natur stellt Polymere wie diese Lipide ebenso wie Proteine kostenlos her - warum sollten wir sie verbrennen?“, so Martin Koller vom Institut für Biotechnologie und Bioprozesstechnik der TU Graz.
Tierische Fette ergiebiger als Pflanzen
Dank einer neuen Anlage soll aus dem Abfall verwertbarer, biologischer Kunststoff - sogenannter PHA - fabriziert werden. Das gelingt durch ein Verfahren, das den Tierabfällen die Lipide, also die Fettstoffe entzieht und in Fettsäureverbindungen umwandelt. Anschließend werden diese in gesättigte und ungesättigte Fettsäuren getrennt. Während aus den ungesättigten Fettsäuren Biodiesel hergestellt werden kann, lassen sich die gesättigten biotechnologisch weiter zu PHA verarbeiten, schildert Koller.
Im Rahmen ihrer Untersuchungen haben die Forscher ermittelt, dass sich aus einer Tonne tierischer Lipide 0,7 Tonnen Biokunststoff herstellen lassen. Die Kunststoffgewinnung aus tierischem Abfall ist somit ergiebiger als die aus pflanzlichen Rohstoffen, die bei gleicher Ausgangsmenge nur etwa eine halbe Tonne Kunststoff ergeben. In beiden Fällen wird mithilfe von Bakterien der Ausgangsstoff für die Bio-Polymere hergestellt, aus denen dann der „grüne“ Kunststoff resultiert, der biologisch abbaubar ist und mit anderen biologischen Stoffen kompatibel ist.
Implantate oder Verpackungen
Eingesetzt werden könnte der Biokunststoff in der Medizin in Form von Implantaten oder Nahtmaterial, das nach gewisser Zeit abgebaut sein soll, oder aber auch als Verpackungsmaterial. Dafür habe sich bereits ein Interessent gefunden, mit dem man nun eine Pilotanlage in Österreich plant, die im Herbst in Betrieb gehen soll.