Gemeindefusionen: Aus 542 werden 288

In Sachen Gemeindefusionen gibt es nun endgültig grünes Licht von Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) und seinem Vize Hermann Schützenhöfer (ÖVP). Am Donnerstag wurden die genauen Zahlen zu den Gemeindeszusammenlegungen präsentiert.

Gemeindeamt

APA/Helmut Fohringer

Aus 542 Gemeinden werden ab 2015 288

Neun Koordinatoren des Landes führten 164 Verhandlungsgespräche mit insgesamt 455 der 539 steirischen Gemeinden, mehr als 1.000 Gespräche wurden alleine heuer mit Gemeindevertretern geführt, Hunderte davon von Voves und Schützenhöfer selbst, und so soll es ab 2015 in der Steiermark nur noch 288 Gemeinden geben. Das Land bietet auf seiner Website eine PDF-Liste aller Gemeinden.

Voves: „80 Prozent freiwillig“

Von einem „historischen Tag“, einer „Herkulesaufgabe“, einem „Riesenerfolg“ und von einem „hochdemokratischen Prozess“ sprachen Voves und Schützenhöfer dann auch bei der Präsentation am Donnerstag. 303 Gemeinden hätten Fusionsbeschlüsse gefasst, so Voves: „80 Prozent der betroffenen Gemeinden haben Gemeinderatsbeschlüsse gefasst, 70 Prozent davon einstimmig, und dann geht man her und spricht von absolutistischem Regieren der ‚Reformpartner‘ in der Grazer Burg ...“

Knapp 90 Gemeinden müssten mit Stand Donnerstag per Gesetz zur Fusion verpflichtet werden, Voves rechnet hier aber noch in einigen Gemeinden mit einem Schwenk: „Am Schluss werden 30 bis 50 Gemeinden übrig bleiben, die damit vielleicht wirklich nicht einverstanden sind.“ Diese würden dann zwangsfusioniert werden. Voves spricht von einer Entscheidung „der Vernunft, vielleicht nicht ganz des Herzens“.

Schützenhöfer: „Signal der Veränderungsbereitschaft“

Dass mehr als 70 Prozent der Gemeinden den Fusionsbeschluss einstimmig fällten, ist für ÖVP-Chef Schützenhöfer „ein ganz großes Signal der Veränderungsbereitschaft der Bürgermeister, und es tut mir in der Seele weh, wenn da jemand kommt und sagt, die fahren drüber, die reden nicht. Ich habe Hunderte Gespräche geführt.“

Graz - Leoben - Kapfenberg

Graz bleibt auch künftig die größte Stadt des Landes, gefolgt von Leoben mit derzeit mehr als 24.300 Einwohnern. Kapfenberg kommt Leoben aber bereits nahe: Durch die Fusion mit Parschlug kommt Kapfenberg ab 2015 auf mehr als 23.300 Einwohner.

Auch Bruck/Mur wird durch die Fusion mit Oberaich größer und kommt auf mehr als 15.600 Einwohner. Der größte Gewinner der Gemeindefusion ist aber Feldbach: Die Bezirkshauptstadt der Südoststeiermark wird durch die Fusion mit sechs Nachbargemeinden die größte Stadt der Oststeiermark und legt von 4.600 auf fast 13.000 Einwohner zu.

Zankäpfel Judendorf-Straßengel und Leibnitz

Über die beim Finanzausgleich so wichtige 10.000-Einwohner-Grenze kommen auch Knittelfeld, Judenburg, Seiersberg, Köflach, Weiz und Gleisdorf. Geht es nach den Wünschen des Landes, sollen auch Deutschlandsberg sowie Judendorf-Straßengel und Leibnitz ab 2015 die 10.000er-Grenze deutlich überschreiten, diese Fusionen werden aber nach heutigem Stand nicht ohne Zwang gehen: So legen sich etwa im Norden von Graz Eisbach-Rein und Gschnaidt gegen die Fusion mit Judendorf-Straßengel und Gratwein quer, in der Südsteiermark rebelliert Seggauberg noch gegen die Fusion mit Leibnitz und Kaindorf.

Großfusionen und sogar Teilungen

Rund um Gnas im Bezirk Südoststeiermark sollen zehn Gemeinden unter einen Hut gebracht werden. Hier kommt es in der Gemeinde Kohlberg sogar zu einer Teilung: Ein Teil kommt zu Gnas, der andere Teil der Gemeinde zu Paldau. Ebenfalls geteilt wird hier die Gemeinde Oberstorcha, die sich ab 2015 auf Paldau und Kirchberg an der Raab aufteilen wird.

Überhaupt ist der Bezirk Südoststeiermark von den Fusionen am meisten betroffen: Aus derzeit 74 Gemeinden werden 2015 26. Ähnlich ist die Situation nur im Bezirk Deutschlandsberg, wo von derzeit 40 Gemeinden 15 übrig bleiben sollen.

Auch neue Bezirksgrenzen

Aber nicht nur bei den Gemeindegrenzen muss nun die Steiermark-Karte neu gezeichnet werden, sondern auch bei den Bezirken: Der Bezirk Leibnitz wird um drei Gemeinden größer, die durch die Fusionen aus der Südoststeiermark dazukommen. Die Gemeinden Tulwitz und Tyrnau - die derzeit kleinste Gemeinde im Bezirk Graz-Umgebung - fusionieren mit Fladnitz an der Teichalm und wechseln damit in den Bezirk Weiz. Graz-Umgebung bekommt aber mit Petersdorf II eine südoststeirische Gemeinde dazu. Der Bezirk Hartberg-Fürstenfeld schließlich bekommt aus Weiz durch eine bezirksübergreifende Fusion die Gemeinde Hirnsdorf dazu.

Was die Gemeinden betrifft, die nicht fusionieren wollen, appelliert Schützenhöfer, sich nicht von Zahlen irritieren zu lassen: „Wenn ich in der Oststeiermark etwa vier Gemeinden habe, die zusammengehen wollen, und eine will nicht, dann muss ich alle fünf per Gesetz verordnen - da sind dann aber vier dabei, die beschlossen haben.“ Das Gesetz geht nun für vier Wochen in Begutachtung. Mit 2015 soll die Steiermark dann 13 Bezirke und statt derzeit 539 nur noch 288 Gemeinden haben.

FPÖ fordert Volksbefragung

„Die Zahl an Gemeinderatsbeschlüssen, die ‚freiwillig‘ fusionieren möchten, ist stark anzuzweifeln. Dass SPÖ und ÖVP im Landtag per Gesetz Gemeinden auflösen wollen, offenbart das mangelnde Demokratieverständnis der selbsternannten Reformpartner – Voves und Schützenhöfer haben aus ihrem Wahldebakel nichts gelernt“, so FPÖ-Gemeindereferent Peter Samt, der eine Volksbefragung in allen Gemeinden fordert, „die von einer Zusammenlegung betroffen sind sowie eine Aufklärung darüber, ob und in welcher Höhe die versprochenen Fusionsprämien nun ausbezahlt werden“. Die Freiheitlichen seien „nicht per se gegen Gemeindezusammenlegungen“, so Samt, „dort, wo sich Bevölkerung und Gemeinderat für die Zusammenlegung aussprechen, macht eine Gemeindereform Sinn“.

Grüne: „Zwangsfusionen“

Es gebe „kein Verständnis dafür, dass SPÖ und ÖVP weiterhin auf Zwangsfusionen setzen wollen“, hieß es am Donnerstag von den steirischen Grünen. „Vor dem Hintergrund des sonntäglichen Wahldebakels der rot-schwarzen ‚Konkurspartner‘“ sei es „umso unverständlicher, dass Voves und Schützenhöfer weiterhin auf Zwangsfusionen setzen wollen, statt die Bevölkerung einzubeziehen und schlussendlich über Gemeindezusammenlegungen abstimmen zu lassen“, so der Grüne Landtagsabgeordnete Lambert Schönleitner.

KPÖ: Meist Politfunktionäre zugestimmt

Kritik kam auch von der KPÖ: „Meist haben bloß Politfunktionäre von SPÖ und ÖVP zugestimmt, nur in den wenigsten Fällen die Bürger der betroffenen Gemeinden“, sagte KPÖ-Landtagsabgeordneter Werner Murgg. „Hinter den Gemeindefusionen versteckt sich ein Paket zur Ausdünnung der ländlichen Infrastruktur und zum Abbau demokratischer Strukturen“, so Murgg. Die KPÖ stelle sich nicht prinzipiell gegen eine sinnvolle Gemeindereform, die Gemeindeordnung sei aber keine Spielwiese für Budgetexperimente; eine Reform müsse nach Gesichtspunkten der Raumordnung und der Einbindung der Bevölkerung gestaltet werden.