Nachbarschaftsstreit: Gasthof wird Asylheim

Ein bekannter Gastronom will aus seinem Gasthaus in Seiersberg bei Graz eine Unterkunft für Flüchtlinge aus dem Irak und Syrien machen. Zermürbt von ständigen Anzeigen eines Nachbarn will Ferdl Purgstaller neue Wege beschreiten.

Hunderte Anzeigen von einem einzigen Nachbarn machen Ferdl Purgstaller seit Jahren das Leben als Gastwirt schwer: Da geht es zum Beispiel um das Licht von wegfahrenden Autos, das dem Nachbarn in der Nacht ins Wohnzimmer leuchten würde oder um ein Küchenfenster, dass bereits um 6.00 Uhr Früh geöffnet wurde, obwohl der eigentliche Gastbetrieb erst um 7.00 Uhr beginnen dürfte.

„Es hat dann keinen Sinn mehr“

Schikanen wie diese kosteten nicht nur Nerven, sondern vor allem auch viel Geld, und so kann es für Ferdl Purgstaller in seinem „Ferdls Gasthof“ nicht mehr mehr weitergehen: „Wenn man sieht, dass es wirklich boshaft ist, dann denkt man, wie soll man weitermachen, und es hat dann auch keinen Sinn mehr, dass da, wo das Geschäft eigentlich erst beginnen sollte, bei mir schon finster ist, weil es einen Nachbarn gibt, dem das nicht passt.“

Ferdls Gasthaus

Ferdls Gasthaus

Unterkunft für bis zu 100 Flüchtlinge

Weil der Gastwirt aber nicht einfach zusperren und seine 25 Mitarbeiter vor die Tür setzen will, bot er dem Land Steiermark nun an, dass aus dem Gasthof und den Gästezimmern ein Auffanglager für Kriegsflüchtlinge aus dem Irak und Syrien werden kann. Bis zu 100 Personen könnten in Seiersberg sofort untergebracht werden. Bereits am Donnerstag werden Experten des Landes das Lokal und die Zimmer unter die Luper nehmen und auf ihre Tauglichkeit überprüfen.

Keine Freude beim Bürgermeister

Keine Freude hat man über diese Ankündigung in der Gemeinde Seiersberg: Bürgermeister Werner Baumann hat zwar Verständnis für die Situation von Ferdl Purgstaller, 100 Kriegsflüchtlinge in seiner Gemeinde will er aber nicht. „Wenn man bedenkt, dass da Kinder, die kriegstraumatisiert sind, in einem Gasthaus untergebracht werden sollen, glaub ich, ist das der falsche Weg. Wir gehen davon aus, dass der richtige Weg wäre, zum Beispiel die Belgierkaserne (sie liegt in Graz, Anmerkung), die fast komplett leer steht, der richtige Auffangort wäre - hier gibt es auch Bewegungsräume, Sportplätze für die Kinder, was hier auch nicht der Fall wäre“, so Baumann. In einer Gemeinderatssitzung Donnerstagabend soll das weitere Vorgehen besprochen werden.

Die Asylfrage war am Dienstag auch Thema im Landtag - die Unterkunft für Asylwerber in Spital am Semmering erhitzte die Gemüter. Landeshauptmann Franz Voves (SPÖ) sagte, dass die Bundesländer in Sachen Asyl solidarisch sein und die Quote erfüllen müsse - mehr dazu in Voves zu Asyl: „Das Ende des Florianiprinzips".