Kritik an neuem Gesetz zur Barrierefreiheit

Seit 1. Jänner müssen Gebäude von Betrieben, die Leistungen öffentlich anbieten, barrierefrei zugänglich sein. Kritik an dem Gesetz kommt vom Behindertenanwalt. Er bezeichnet es als „zahnlos“, weil es in der Praxis nicht halten würde.

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ORF

Arztpraxen, Banken oder auch Restaurants müssen barrierefrei zugänglich sein

Seit 2006 gibt es das Gesetz zur Barrierefreiheit, Ende 2015 ist die Frist zur Umsetzung zu Ende gegangen. Banken, Arztpraxen, Restaurants, Versicherungen, öffentliche Verkehrsmittel, Sport-, Freizeit- oder Kultureinrichtungen - sie alle müssen die Barrierefreiheit seit heuer umgesetzt haben – mehr dazu in Barrierefreie Betriebe ab 2016: WK informiert(20.10.2015).

Gesetz weit weg von der Praxis

Für den steirischen Behindertenanwalt Siegfried Suppan ist dieses Gesetz zur Barrierefreiheit alles andere als zufriedenstellend und weit weg von der Praxis: „Es entspricht auf jeden Fall nicht dem, was die UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit einer Behinderung einfordert, nämlich sicherzustellen, dass tatsächlich Barrierefreiheit hergestellt werden kann, weil die Konsequenzen nicht so sind, dass ich das durchsetzen kann.“

Weg zum Gericht als Risiko

Konkret bedeutet das laut Suppan, dass Menschen mit einer Behinderung, die sich aufgrund von Barrieren diskriminiert fühlen, in der Praxis keine Möglichkeit haben, eine Beseitigung oder Unterlassung dieser Barriere rechtlich durchzusetzen. Möglich wäre das einzig mit einem außergerichtlichen Schlichtungsverfahren beim Bundessozialamt, „was zumindest in der Hälfte der Fälle bislang auch gelungen ist“, so Suppan.

Bringt ein Schlichtungsverfahren kein positives Ergebnis, gibt es noch die Möglichkeit, bei Gericht auf Schadenersatz zu klagen. Davor würden aber viele Betroffene zurückschrecken, weiß der steirische Behindertenanwalt: „Da weiß man nie, wie ein solches Verfahren bei Gericht tatsächlich ausgeht. Das Prozesskostenrisiko liegt dann natürlich bei demjenigen, der den Prozess verliert, und das kann auch der Mensch mit Behinderung sein.“

Deshalb gibt es laut Suppan auch nur sehr wenige höchstgerichtliche Entscheidungen - österreichweit sei es seit 2006 eine einstellige Zahl, schätzt der steirische Behindertenanwalt. Suppan kritisiert außerdem, dass die Zumutbarkeitsbestimmungen für die Unternehmer sehr unklar seien.

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