ÖVP-Landesgeschäftsführer: Reform in Endphase

Die Steirische Volkspartei ist gerade in der Schlussphase ihrer Reformarbeit. Das kündigt der ÖVP-Landesgeschäftsführer Detlev Eisel-Eiselsberg am Dienstag in einem Exklusivinterview mit Radio Steiermark an.

Eisel-Eiselsberg

APA / Markus Leodolter

Detlev Eisel-Eiselsberg

Ebenso wie sein SPÖ-Kollege Max Lercher - mehr dazu in SPÖ-Landesgeschäftsführer will Mitgliederpartei (23.09.2016) - sieht Detlev Eisel-Eiselsberg deutliche Schwächen in der Arbeit der Bundesregierung. Die Tatsache, dass viele Umfragen ein großes Gefühl der Unsicherheit in der Bevölkerung ausweisen, überrasche den Landesgeschäftsführer der Steirischen Volkspartei daher keineswegs.

Detlev Eisel-Eiselsberg:
Man muss ja einfach auch unterscheiden zwischen Wahrnehmung und Wirklichkeit: Zahlen, Daten, Fakten sprechen nicht unmittelbar dafür, aber auf der emotionalen Basis, der Gefühlsbasis der Östereicherinnen und Österreicher, kommt es eben anders an - und das muss man respektieren.

Radio Steiermark:
Haben ein Teil der Politik und ein Teil der Medien Mitschuld daran, dass diese subjektive Wahrnehmung so ist, wie Sie sie geschildert haben?

Eisel-Eiselsberg:
Ich würde meinen, beide angesprochenen Bereiche, nämlich Politik und Medien, haben ein gewisses Maß an Mitschuld, sofern man in diesem Zusammenhang von Schuld sprechen kann. Faktum ist, dass insbesondere im Vorjahr ein unkontrollierter Grenzübergang möglich war, dass tausende Menschen, die hinsichtlich ihrer Identität nicht erfasst wurden, die österreichische Grenze übertreten haben und sich in Österreich aufgehalten haben. Das hat vielen Menschen Angst gemacht. Zum einen war die Politik offensichtlich nicht vorbereitet, mit so einer Situation umzugehen, zum anderen haben da und dort Medien die Situation in ihrer Berichterstattung so ausgeweitet, dass so eine Befindlichkeit bei den Österreicherinnen und Österreichern eingetreten ist.

Radio Steiermark:
Faktum ist aber, dass heuer jenes Limit, ab dem die Asyl- Notverordnung gilt, noch nicht erreicht ist, möglicherweise heuer überhaupt nicht erreicht wird. Warum ist trotzdem nicht mehr an Sicherheitsgefühl da?

Eisel-Eiselsberg:
Von den Zahlen her müsste es da sein. Allerdings ist so ein Gefühl nicht von heute auf morgen zu verändern.

Radio Steiermark:
Herr Eisel-Eiselsberg, spüren Sie - aus der Sicht eines Landesgeschäftsführers - auch die Diskussion, wie es mit der Führung der Bundes-ÖVP weitergeht, wann Sebastian Kurz Reinhold Mitterlehner ablösen wird?

Eisel-Eiselsberg:
Ich kann dazu nur sagen, was auch viele andere bereits gesagt haben: Wir haben einen Bundesparteiobmann - und der heißt Reinhold Mitterlehner. Er ist auch unser Vizekanzler.

Radio Steiermark:
Schon. Aber was ich gemeint habe: Die Diskussion darüber wird nahezu täglich in den Medien transportiert ...

Eisel-Eiselsberg:
Also, ich kann insbesondere von der steirischen Volkspartei sprechen. Bei uns ist das kein Tagesthema, über das intensiv oder weniger intensiv diskutiert wird.

Radio Steiermark:
Im Bund verfolgen Sie mit Sicherheit die ständigen Beteuerungen der Bundesregierung mit, es werde einen Neustart geben, die Koalition Neu werde besser arbeiten, werde besser zusammenarbeiten. Nach jeder Ankündigung folgt wenige Tage später schon die Ernüchterung. Wie lautet Ihr Befund?

Eisel-Eiselsberg:
Es wären alle Akteure gut beraten, sich weniger mit Ankündigungen auseinanderzusetzen, sondern vielmehr ins Tun zu kommen. In Summe könnte diese Bundesregierung mehr leisten, mehr präsentieren, um eine positive Bilanz am Ende des Tages ziehen zu können.

Radio Steiermark:
Die Gesellschaft in Österreich hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten massiv verändert - was die Zusammensetzung betrifft, die Lebensgewohnheiten, das politische Umfeld, das mediale Umfeld. Die ÖVP blickt aber auf eine Parteistruktur, die bis in die 1950er Jahre zurückreicht. Kann die ÖVP mit dieser Struktur in Gegenwart und Zukunft noch konkurrenzfähig sein?

Eisel-Eiselsberg:
Die Frage ist tatsächlich berechtigt: Was kann die Bundes-ÖVP, aber auch die steirische ÖVP, tun, um wieder mehr Zustimmung und mehr Vertrauen von der Bevölkerung zu erhalten. Als Steirische Volkspartei haben wir uns unmittelbar nach der Landtagswahl sehr intensiv mit dieser Frage beschäftigt und einen Prozess aufgesetzt, mit dem wir die Partei in ihren Facetten da und dort, wo es notwendig ist, neu aufstellen und positionieren wollen.

Radio Steiermark:
Was heißt das konkret?

Eisel-Eiselsberg:
Wir haben in diesem Reformprozess unter Einbindung sehr vieler Funktionärinnen und Funktionäre, aber auch sehr vieler Mitglieder, versucht, strategische Handlungsfelder zu identifizieren.

Radio Steiermark:
Wo haben Sie einen Handlungsbedarf festgestellt?

Eisel-Eiselsberg:
Wir haben festgestellt, dass wir in jedem Fall im Bereich der Kommunikation Verbesserungsbedarf haben. Wir haben auch hinterfragt, ob wir mit der Organisation in der Steirischen Volkspartei in die Zukunft gehen können. Und wir haben auch die Frage der Mobilisierung in den Raum gestellt.

Radio Steiermark:
Zu welchem Ergebnis haben die Überlegungen geführt, wie Sie Steirerinnen und Steirer besser erreichen und besser mobilisieren können?

Eisel-Eiselsberg:
Wir haben gemeinsam insgesamt über 40 Einzelmaßnahmen ausgearbeitet, die wir jetzt noch in der einen oder anderen Rüttelstrecke mit Spitzenrepräsentanten der Steirischen Volkspartei abstimmen möchten. Und dann werden wir diese Maßnahmen kommunizieren, nach innen und nach außen, und sehr rasch auch an die Umsetzung gehen.

Das Gespräch führte ORF-Steiermark-Redakteur Günter Encic

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