Mord an Ex-Ehefrau: Prozess vertagt

Wegen Mordes musste sich am Mittwoch ein 54-Jähriger in Graz vor Gericht verantworten: Er soll seine Ex-Frau im Vorjahr in Kalsdorf bei Graz mit mehreren Schüssen getötet haben. Der Prozess wurde vertagt.

Der Mann habe das Opfer regelrecht exekutiert, wie die Polizei es am 6. Juni des Vorjahres formulierte - dem Tag, an dem die Frau umgebracht worden war - mehr dazu in Frau von Ehemann erschossen (6.6.2016).

Polizei musste Todesschüsse am Telefon mithören

Der gebürtige Bosnier und seine ebenfalls 54 Jahre alte Frau hatten sich 1987 kennengelernt, heirateten und ließen sich 2006 scheiden; doch das Paar hatte immer wieder zusammengelebt, bis es Anfang 2016 zur endgültigen Trennung kam - das dürfte der 54-Jährige nicht verkraftet haben: Er stürmte in die Kalsdorfer Wohnung der Frau, woraufhin diese in ihr Schlafzimmer flüchtete und sich in einem Kasten verstecken wollte. Per Notruf alarmierte sie die Polizei - doch es war zu spät: Die Beamten konnten am Telefon nur mehr die Todesschüsse hören.

Insgesamt sieben Schüsse sollen gefallen sein; sechs trafen die 54-Jährige, drei davon waren tödlich. Die Beamten der Polizeiinspektion Kalsdorf, die sich etwa 50 Meter vom Tatort befindet, fanden die tote Frau im Schlafzimmer und den Ehemann völlig teilnahmslos im Wohnzimmer vor dem Fernseher sitzen - er ließ sich widerstandslos festnehmen und dürfte unter Medikamenteneinfluss gestanden haben.

„Total apathisch“ nach „massiv gewalttätig“

Einer der Polizisten, der nach der Bluttat in der Wohnung des Opfers war, beschrieb den Beschuldigten als „total apathisch“. Dieser sei nur dagesessen und habe kein Wort gesprochen. Er wurde in die Nervenklinik gebracht und gab von Anfang an an, er habe keine Erinnerung an die Tat, die er laut Staatsanwältin „genau und sorgfältig geplant“ haben soll. Bereits in den Jahren davor soll er gegen seine Frau und seine Kinder „massiv gewalttätig“ gewesen sein.

Mordprozess in Graz

APA/Elmar Gubisch

Eine Ärztin, die den gebürtigen Bosnier nach der Tat betreut hatte, erklärte, er wäre „nicht kontaktierbar“ gewesen und habe nur von seinen toten Kindern und vom Krieg - „er meint vermutlich den Jugoslawienkrieg“, so die Zeugin - gesprochen.

Die Frage der Zurechnungsfähigkeit

Neben zahlreichen Zeugen waren zur Verhandlung auch sechs Gutachter bestellt worden, wobei im Zentrum der Ausführungen die Frage nach der Zurechnungsfähigkeit des 54-Jährigen stand. Sein Verteidiger unterstrich: „Er war ein liebevoller Opa und ein hilfsbereiter Mensch, alles andere als ein kaltblütiger Killer.“ Der Tod von zwei seiner vier Kinder habe ihn aus der Bahn geworfen und immer wieder zu gesundheitlichen Problemen geführt.

Ein Privatgutachten, das die Verteidigung in Auftrag gegeben hatte, stufte den Angeklagten aufgrund einer psychotischen Störung und seiner Medikamenteneinnahme als nicht zurechnungsfähig ein. Der Gerichtssachverständige Manfred Walzl kam dagegen zu dem Schluss, dass der 54-Jährige sehr wohl zurechnungsfähig gewesen sei.

„Verletzungen umfassten mehrere DIN-A4-Seiten“

Die Ex-Frau des Mannes war halb in ihrem Kleiderkasten im Schlafzimmer aufgefunden worden. Laut Gerichtsmediziner Peter Grabuschnigg lag die Frau am Rücken, wobei der Oberkörper und der Kopf im Kasten waren, die Beine aber heraußen. Durch die sechs Schüsse in den Oberkörper hatte die Frau so viele Verletzungen erlitten, dass die Beschreibung „mehrere DIN-A4 Seiten umfasst“, schilderte der Sachverständige. Todesursache war ein Herzdurchschuss, außerdem wären zwei weitere Kugeln in Lunge und in eine Hauptader tödlich gewesen.

„Ich kann mich nicht erinnern“

Der Angeklagte selbst bekannte sich zwar schuldig, gab aber stereotyp an, sich weder an die Tat noch an den Waffenkauf erinnern zu können; er erklärte, dass er nie gewalttätig gegen seine Frau oder Kinder gewesen sei. „Sie haben nichts getan, waren liebevoll und freundlich, und dann die Schüsse aus nächster Nähe auf eine am Boden liegende Frau - wie passt das zusammen?“, fragte die Richterin. „Ich kann mich nicht erinnern“, antwortete der Angeklagte.

Am Abend wurde der Prozess auf 3. Februar vertagt - da die Befragung der Zeugen länger als geplant dauerte, wurde die Erläuterung der restlichen Gutachten verschoben.