Experte: Islamisten wollen Strukturen aufbauen

Bei den Anti-Terror-Razzien am Donnerstag in Graz und Wien sind keine konkreten Anschlagspläne gefunden worden. Vielmehr soll es den Verhafteten darum gehen, organisatorische Strukturen aufzubauen, so ein Islamismusexperte.

Am Wochenende wird entschieden, ob über jene 14 Frauen und Männer, die am Donnerstag im Zuge von Großrazzien in Graz und Wien festgenommen wurden, eine Untersuchungshaft verhängt wird - mehr dazu in Anti-Terror-Razzien: „Gottesstaat geplant“.

„Machtergreifung allenfalls ein Fernziel“

Österreich sei allenfalls ein Fernziel, was die Errichtung staatlicher Strukturen betrifft - so realistisch seien die in der Szene aktiven Personen, sagt der Politikwissenschaftler und Dschihadismusexperte Thomas Schmidinger. In erster Linie gehe es darum, ihre Ideen zu propagieren und einen Teil innerhalb der muslimischen Gemeinschaft dafür zu gewinnen: „Diese Personen sind ja der Meinung, dass sie den einzig wahren Islam leben und propagieren, und sie wollen hier wirklich eine Art eigenständige Community mit eigenständigen Strukturen aufbauen. Das zielt aber zum derzeitigen Zeitpunkt noch nicht darauf ab, in Österreich die Macht zu ergreifen - dafür ist die Szene viel zu klein.“

Verurteilter Hassprediger weiterhin Schlüsselfigur

Wesentliche Schlüsselfigur in diesem Netzwerk ist nach wie vor ein in Graz zu 20 Jahren Haft verurteilte Hassprediger: Jener vergangene Woche in Wien verhaftete 17-jährige Terrorverdächtige sei ein Anhänger gewesen, wie die Staatsanwaltschaft Graz am Freitag aber erneut betonte, habe es aber keine direkte Verbindung zwischen den beiden gegeben.

Die Hass-Predigten seien weiterhin präsent - auch im Internet, so Schmidinger: „Natürlich gibt es weiterhin Anhänger von ihm, die Propaganda betreiben, das heißt, er ist als aktiver Teil der Szene im Moment gehandicapt, wenn man so will, bzw. in Haft, aber seine Ideen sind natürlich weiterhin präsent und werden auch von anderen Personen weitergetragen.“

Entscheidung über U-Haft am Wochenende

Genau unter diesem Verdacht stehen jene sieben Männer und drei (Ehe-)frauen, die derzeit in Graz in Polizeigewahrsam sind: Nach den Vernehmungen könnten die Verdächtigen in die Justizanstalt Jakomini überstellt werden. Nach der Einlieferung müssen binnen 48 Stunden die Haftverhandlungen geführt und entschieden werden, ob Untersuchungshaft verhängt wird. Die vier Verdächtigen, die in Wien festgenommen wurden, bleiben vorerst in einem Anhaltezentrum der Stadt - mehr dazu in Anti-Terror-Razzia: Verdächtige bleiben in Wien (wien.ORF.at).