Proteste gegen Zwölfstundentag: Öffis fielen aus

In der Steiermark hat die Gewerkschaft am Montag mit Betriebsversammlungen gegen den geplanten Zwölfstundentag protestiert - und weitere Proteste in Aussicht gestellt. Es kam zu Ausfällen im Öffentlichen Verkehr.

Gegen 6.00 Uhr Früh begann die Betriebsversammlung der ÖBB - was sich schrittweise auch auf den steirischen Bahnhöfen bemerkbar machte: Bereits um 7.00 Uhr gab es die ersten S-Bahn-Verspätungen und Ausfälle. Kurz danach kam dann der gesamte Nah- und Fernverkehr zum Erliegen. Einige Bahnfahrer reagierten rechtzeitig und stiegen auf andere Verkehrsmittel um.

Die ersten ersten Fernzüge brachen dann wieder gegen 8.30 Uhr in Richtung Salzburg und Linz auf. Schrittweise wurden die führerlosen Züge wieder besetzt und in den Fahrplan eingegliedert. Ebenfalls still standen die Öffis in Graz. Ab 7.45 Uhr - eine Dreiviertelstunde vor Beginn der Betriebsversammlung - wurden Busse und Straßenbahnen abgestellt. Ein Verkehrschaos ist dennoch ausgeblieben. Um 10.30 Uhr konnte laut der Holding Graz der Betrieb des Öffentlichen Verkehrs in der Stadt wieder aufgenommen werden.

Größte Versammlung in der Steyrergasse

Die größte Protestveranstaltung gegen den Zwölfstundentag in der Steiermark fand wohl in der Grazer Straßenbahnremise statt: Laut Gewerkschaft waren am Vormittag rund 1.500 Menschen zur Betriebsversammlung der Holding Graz in die Steyrergasse gekommen - und zwar von Straßenbahn- und Busfahrern über Mitarbeiter der Müllentsorgung bis hin zum Straßendienst und der Wasserwirtschaft.

Proteste gegen Zwölfstundentag

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Warum sie zur Betriebsversammlung kamen und sich gegen den Zwölfstundentag wehren, sei klar: „Weil es eine Arbeitsverschlechterung ist, die zwölf Stunden. Da kann jeder gerne mal mitarbeiten mit uns - wenn du einmal zwölf Stunden arbeitest, Winterdienst machst, bist du tot, das geht nicht. Da hast du gar keine Freizeit mehr, kannst gleich in der Firma schlafen. Das ist traurig - was machst du, wenn du eine Familie oder Kinder hast?“, fragt einer der Mitarbeiter.

„Weil wir uns das nicht gefallen lassen“

Ein anderer sei da, „weil wir uns das einfach nicht gefallen lassen. Zuerst versprechen sie uns alles - und dann schauen sie nur mehr auf die Gewerbetreibenden. Uns Arbeiter lassen sie im Stich“. Einen weiteren Mitarbeiter störe die mangelnde Gesprächsbasis zwischen Arbeitgebern und Sozialpartnern: „Es sollte ein Gleichgewicht da sein, damit es uns allen gut geht.“

Proteste gegen Zwölfstundentag

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Betriebsrat Horst Schachner, auch steirischer ÖGB-Chef, sprach von einer Ausschaltung der Arbeitnehmer-Vertreter: „Die Sozialpartner haben versucht, einen Termin mit der Bundesregierung zu bekommen. Nach zwei Briefen ist dann ein lapidarer Anruf gekommen: Wenn wir euch brauchen, werden wir euch schon anrufen.“

„Dann sind wir Freiwild“

Die geplante Arbeitszeitregelung würde die Menschen wieder zur Gewerkschaft bringen. Denn ihnen sei klar, dass sie so künftig mehr arbeiten müssten und weniger verdienen würden, außerdem würden in der Regelung wichtige Punkte fehlen: „Wir wissen, es wäre ganz wichtig, in das Gesetz hineinzuschreiben, dass ich erst einmal nicht die Sozialpartner ausschließe, dass es in dem Gesetz Mitbestimmung der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gibt und dass das über den Kollektivvertrag geregelt werden kann. Und ich muss reinschreiben, dass ich eine Betriebsvereinigung brauche.“

Proteste gegen Zwölfstundentag

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Denn, so der ÖGB-Chef: „Dort, wo ich keinen Kollektivvertrag habe und keine Betriebsvereinbarung, muss ich im Gesetz niederschreiben, wann bekomme ich die Freizeitstunden, wenn ich an einem Tag jetzt einmal zwölf Stunden arbeiten muss, wie wird der bezahlt - das muss alles niedergeschrieben sein, weil wenn das nicht niedergeschrieben ist, dann sind wir Freiwild.“

Weitere Maßnahmen möglich

Auch für Familien sei die derzeitige Regelung kaum machbar, so Schachner, denn die wenigsten Chefs würden akzeptieren, wenn man mehrmals einfach nicht dableiben könne: „Jetzt arbeitet der Mann und die Frau in einem Betrieb, und in beiden Betrieben sagt man, wir brauchen heute zwölf Stunden, und ihr müsst dableiben. Dann schaue ich mir an, wer da rausgeht oder wer das Kind dann abholt vom Kindergarten oder der Kinderkrippe.“

Die PRO-GE fordert gemeinsam mit dem ÖGB eine Volksabstimmung über den Zwölfstundentag.

Sollte der Nationalrat am Freitag die Änderungen wie geplant beschließen, werde es noch diese Woche eine bundesweite Sitzung der Gewerkschaft geben, bei der weitere Maßnahmen besprochen würden.

WK-Kritik: Enormer Schaden für Innenstadt

Kritik zu den Protesten kam von der Wirtschaftskammer. Dadurch entstehe in der Grazer Innenstadt ein enormer Schaden, hieß es aus der Kammer. Die Gewerkschaft gefährde mutwillig Arbeitsplätze in der Grazer Innenstadt - die Kunden würden ausgesperrt werden.

Demonstranten

APA/Hans Punz

Am Nachmittag fand auch bei der voestalpine am Standort Donawitz eine Betriebsversammlung gegen den vorliegenden Gesetzesentwurf zum Zwölfstundentag statt: 700 Beschäftigte gaben in einer Resolution grünes Licht für weitere gewerkschaftliche Maßnahmen, sollten ÖVP und FPÖ das Gesetz im Parlament beschließen: „Die Informationsveranstaltungen in den Betrieben stoßen auf enormes Interesse der betroffenen ArbeitnehmerInnen. Die Kampfbereitschaft gegen das Ausbeutergesetz steigt von Tag zu Tag an. Die Betriebsversammlung wurde daher nur unterbrochen und kann somit jederzeit wiederaufgenommen werden“, sagen Betriebsratsvorsitzender Josef Gritz und PRO-GE-Vorsitzender Rainer Wimmer. Auch bei Böhler, der OMV und der Andritz AG gab es Betriebsversammlungen; ebenso wie beim Postbus.

Großdemo vergangenen Samstag in Wien

Zehntausende folgten dem Aufruf der Gewerkschaften und protestierten am Samstag in Wien gegen die Regierungspläne zur Arbeitszeitflexibilisierung. Vom Wiener Westbahnhof zog die vom Österreichischen Gewerkschaftsbund (ÖGB) organisierte Großdemo zum Heldenplatz. Dort fanden die Vertreter der Gewerkschaften äußerst scharfe Worte gegen die ÖVP-FPÖ-Koalition - mehr dazu in Bissiger Protest gegen Arbeitszeitpläne(news.ORF.at).

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