Amokfahrt: Befragung brachte wenig Aufschluss

Zwei Tage nach der Amokfahrt in Graz wird der mutmaßliche Täter am Montag einem Haftrichter vorgeführt; bisherige Versuche, den Mann zu befragen, brachten wenig. Am Sonntag soll es in Graz einen Trauerzug für die Opfer geben.

Erste Befragungen am Samstag scheiterten, da der 26-jährige Amoklenker nicht einmal auf die Fragen der behandelnden Ärztin antworten konnte - sein psychischer Zustand war dazu zu schlecht: „Angeblich hat er bei seiner Festnahme von einer Messerstecherei gesprochen, dass er auf dem Weg in die Schmiedgasse (zur Polizei, Anm.) mit dem Auto jemanden angefahren habe, hielt er für möglich. Das Ausmaß war ihm aber anscheinend nicht bewusst“, so Christian Kroschl, Sprecher der Staatsanwaltschaft - mehr dazu in Amokfahrt nicht bewusst und in „Ausmaß war ihm nicht bewusst“ (news.ORF.at).

Fest steht mittlerweile, dass der mutmaßliche Amokfahrer nicht betrunken war - ein Alkoholtest ergab 0,0 Promille; das Ergebnis eines Bluttests, der Aufschluss über einen möglichen Drogenkonsum geben könnte, steht noch aus.

Täter stellte sich nicht von sich aus

Im Zuge eines Besuchs von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in Graz wurde bekannt, dass die Festnahme anders ablief als zunächst berichtet: Entgegen einigen Darstellungen vom Samstagnachmittag stellte sich der mutmaßliche Amokfahrer nicht freiwillig der Polizei.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zündet Kerze an

APA/ Elmar Gubitsch

Tatsächlich war das Fahrzeug offenbar vor der Polizeistation Schmiedgasse zum Stillstand gekommen, es habe mehrere Schreie gegeben: „Raus aus dem Auto.“ Der Fahrer sei „unter Aufsicht von drei Beamten mit erhobenen Händen langsam aus dem Auto ausgestiegen und wurde von zwei Beamten noch am Fahrzeug durchsucht und verhaftet“, hieß es von einem Augenzeugen.

Von Frau und Kindern verlassen

Bei dem 26-Jährigen handelt es sich um einen Berufskraftfahrer aus dem Bezirk Graz-Umgebung, der bereits zuvor „als gewaltbereit in Erscheinung getreten“ sei, wie es am Samstag hieß. Der Mann ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er wurde nach häuslicher Gewalt am 28. Mai von seinem Wohnsitz weggewiesen. Es handle sich um einen Einzeltäter, hieß es von der Polizei; es wurde vermutet, dass die familiären Konflikte eine akute Psychose bei dem Mann auslösten. Mittlerweile wurde auch seine Frau befragt - mehr dazu in Tat offenbar nicht angekündigt (news.ORF.at).

Unter den drei Todesopfern der Amokfahrt ist ein vierjähriger Bub, der in der Herrengasse angefahren wurde, bei den beiden erwachsenen Toten handelt es sich um einen 28-Jährigen, der bei der Synagoge vom Tatfahrzeug gerammt wurde, sowie eine 25-jährige Frau, die wie der Bub in der Herrengasse niedergefahren wurde. Das Alter der 34 Verletzten liegt im Bereich von vier bis 75 Jahren, eine von ihnen hatte am Samstag ihren 21. Geburtstag - mehr dazu in Drei Tote bei Amokfahrt in Graz.

„Grazer Innenstadt ist wie eine offene Wunde“

Unterdessen sitzt der Schock in Graz tief. „Die Grazer Innenstadt ist wie eine offene Wunde“, sagte Innenministerin Mikl-Leitner am Sonntag sichtlich bewegt. „Es ist einfach unfassbar, was hier passiert ist. Es ist nicht entschuldbar.“ Die Ministerin verharrte in Begleitung der steirischen und Grazer Polizeispitzen vor der Stadtpfarrkirche und der Bank in der Herrengasse, wo ein Kind und ein Frau ihr Leben verloren hatten, und legte zwei weiße Rosen nieder.

Auch das Straßenbild in Graz täuscht nicht über die Ereignisse hinweg: In der ganzen Innenstadt brennen Kerzen, Blumen wurden an jenen Orten aufgestellt, an denen der Täter Menschen niedergefahren hatte - mehr dazu in Nach Amokfahrt: Die Stadt trauert. In den Grazer Kliniken kämpfen die Ärzte immer noch um das Leben von zwei der insgesamt 36 Verletzten - mehr dazu in Amokfahrt: Noch zwei Menschen in Lebensgefahr.

Das Grazer Rathaus nach der Amokfahrt

APA/Elmar Gubisch

Kondolenzbuch aufgelegt

Die Stadt Graz legte ein Kondolenzbuch für die Opfer auf. Am Montag waren bereits über 4.000 Einträge vorhanden, aus allen Bundesländern, aber auch aus Deutschland, China, aus der Schweiz, aus Schwedens Hauptstadt Stockholm oder aus dem australischen Brisbane. Die Menschen wünschten Angehörigen und Betroffenen viel Kraft und drückten ihre Fassungslosigkeit über die Geschehnisse aus.

Spendenkonto für Opfer und Angehörige

„Hilfsfonds für die Opfer der Amokfahrt in Graz“

  • IBAN: AT 46 2081 5000 4056 7521
  • BIC: STSPAT2GXXX

Trauerzug am kommenden Sonntag

Unterdessen wurde auch festgelegt, dass es am kommenden Sonntag (28. Juni) ab 18.00 Uhr einen Trauerzug durch die Grazer Innenstadt geben soll - er soll unter anderem über die Herrengasse bis zum Hauptplatz führen. Alle großen Veranstaltungen der Stadt sind bis auf weiteres verschoben oder abgesagt, an Stadteinfahrten von Graz soll außerdem ein Trauerflor angebracht werden; für die Opfer der Amokfahrt wurde ein Hilfsfonds eingerichtet - mehr dazu in Nach Amokfahrt: Trauerzug am Sonntag.

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