Tabu Hörgeräte: Infotour soll Vorurteile abbauen
Am Montag startete das Unternehmen Neuroth in der Grazer Oper eine Infotour, die durch ganz Österreich führen soll. Mit dem Walzer „Rosen aus dem Süden“ wurden die Besucher begrüßt - Opernklänge, die Leo Russold aus Seiersberg-Pirka jetzt endlich wieder genießen kann. Seit fast drei Jahren trägt der 79-Jährige ein Hörgerät: „Jedem, der Angst hat, ein Hörgerät zu tragen, kann ich nur sagen: Mach es, es ist wirklich sehr gut.“
Neuroth
Kollegen vom Pensionistenverband hätten ihm damals dazu geraten: „Da sind einige dabei, die Hörgeräte tragen. Das ist kein Problem, und ich glaube, man muss da ein bisschen nachdenklicher sein. Es gibt so viele Brillenträger, da sagt keiner was. Ich finde da überhaupt nix daran. Für mich ist es so: In der Früh hinein, am Abend hinaus.“
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Besseres Verstehen von Gesprächen
Russolds Lebensqualität habe sich durch das Hörgerät wesentlich verbessert: „Früher musste ich einige Wörter nachfragen, und das war noch schlechter als das mit dem Hörgerät, das war lästiger, man hat sich schon gar nicht mehr zu fragen getraut - Gott sei Dank ist das vorbei.“
So erging es wohl auch den 7.200 Befragten einer Umfrage, die Neuroth durchgeführt hat: 45,9 Prozent von ihnen hatten bereits längere Zeit zuvor Hörgeräte getragen, 54,1 Prozent probierten sie zum ersten Mal. Das Unternehmen wollte wissen, ob Hörgeräte ihren Alltag verbessern, schildert Helmut Kasper von Neuroth: „88,8 Prozent sagen, dass sie am Abend weniger müde sind, sie sind konzentrierter. Berufstätige, die Hörgeräte tragen, erzählen uns, dass sie auch bessere Entscheidungen treffen können.“
Hörgeräte sorgen laut der Umfrage vor allem für ein besseres Verstehen bei Gesprächen, etwa auf der Straße oder in kleinen Gruppen - also vor allem in sozialen Situationen. Wer nicht gut hört, der kann schnell den Anschluss verlieren, gibt da auch der HNO-Arzt Karl Oliver Walsberger zu bedenken: „Ich ziehe mich immer mehr zurück, wenn ich nirgends mehr hingehen kann, nichts verstehe, womöglich noch als jemand angesehen werde, der das kognitiv nicht mehr erfasst. Dann ziehe ich mich immer mehr zurück, obwohl ich noch agil wäre.“
Möglichkeit, Demenz vorzubeugen
Hörgeräte sind heutzutage High-Tech-Geräte, kaum sichtbar und einfach anzuwenden, so Kasper: „Aktuellste Studien zeigen, dass man mit hörverbessernden Maßnahmen, also Hörgeräten, auch eine Demenzprävention erreichen kann. Je aktiver sie das Gehirn mit akustischen Signalen reizen, in dem Fall mit dem Hörgerät, desto länger bleiben sie geistig aktiv.“
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Leo Russold würde seine Hörhilfe nicht mehr hergeben; es gibt aber auch noch Situationen im Alltag, in denen es besser ohne geht - zum Beispiel beim Rasenmähen, schmunzelt er.