Diskussion über Abschiebung von Lehrlingen

Die Wirtschaftskammer setzt sich weiterhin dafür ein, dass Asylwerber in Lehre ein Bleiberecht erhalten. Die Wirtschaft brauche die Fachkräfte dringend, heißt es auch von betroffenen Betrieben, die derzeit Lehrlinge ausbilden.

In der Zeitung der Wirtschaftskammer Steiermark wird über Fälle von Unternehmern berichtet, die ihre Lehrlinge aus Afghanistan und anderen Staaten unbedingt behalten wollen – Fälle, wie den des Wirten Hans Windisch vom Hügellandhof auf der Lassnitzhöhe bei Graz.

Keine Lehrlinge aus Österreich zu bekommen

Bis vor Kurzem hatte Hans Windisch sieben Lehrlinge, darunter zwei Österreicher, die ihre Lehre beendeten. Derzeit arbeiten vier Lehrlinge aus Afghanistan und einer aus Bangladesch im Hügellandhof, ihnen droht aber die Ausweisung: „Wenn fünf Mitarbeiter von heute auf morgen gehen müssten, da fehlt ein Viertel meiner Kapazität, und entweder es gibt einen zweiten oder dritten Ruhetag oder sonst kann ich zusperren“, so Windisch. Lehrlinge aus Österreich habe er nicht mehr, „weil wir keine bekommen“.

Wirt befürchtet Abschiebung

Die fünf Asylwerber in Lehre haben alle einen ersten negativen Bescheid, bei dem jungen Mann aus Bangladesch ist das Asylverfahren rechtskräftig negativ. Der Wirt schaltete zwar einen Anwalt ein, befürchtet aber eine Abschiebung in den nächsten Tagen, und er argumentiert dagegen: „Unsere Lehrlinge kosten dem Staat keinen Cent, im Gegenteil, wir zahlen Steuern und sie zahlen Steuern. Sie wohnen bei uns, schlafen bei uns, bekommen Verpflegung. Sie sind arbeitswillig und hochmotiviert und wollen auf keinen Fall zurück in ihre Heimat, und wenn jemand arbeitet in Österreich und seine Steuern zahlt, glaube ich, hat er die Berechtigung, alles andere zu nützen.“

Alle Parteien tragen Forderung mit

Für ein Bleiberecht spricht sich auch die Wirtschaftskammer aus. Im Juni wurde eine Forderung des Parlaments der steirischen Wirtschaftskammer einstimmig beschlossen. Ausgearbeitet wurde der Antrag vom Obmann für den Bereich Gewerbe, Hermann Talowski: „Wir haben einen parteiübergreifenden Antrag gestellt, der ist von allen Parteien getragen worden, vom sozialdemokratischen Wirtschafsverband, vom freiheitlichen Wirtschaftsverband, vom Wirtschaftsbund, den Grünen und der Industrie. Die Wirtschaft braucht diese jungen Menschen, die Wirtschaft braucht die Fachkräfte.“

Talowski setzt auf eine Rot-Weiß-Rot-Karte für Fachkräfte in Mangelberufen. Asylwerber dürfen ohnehin nur in Mangelberufen eine Lehre machen, so Talowski: „Der Asylwerber sollte die Lehre fertig machen können. Die Lehre soll gleich in der Schutzherrschaft quasi der Rot-Weiß-Rot-Karte stehen, hat er dann weiterhin eine Arbeit als Mangelberuffachkraft, dann kann er in Österreich bleiben, hat er das nicht, dann muss er das Land nach der Lehre verlassen."

Diskussion um Bleiberechtslösungen

In seinem Beschluss sprach sich das steirische Wirtschaftsparlament noch für einen Vorschlag nach dem Vorbild Deutschlands aus, dass Asylwerber nach der Lehre automatisch noch zwei Jahre bleiben dürfen, dazu meint der Gewerbe-Obmann jetzt: „Dieses Modell von Anschober hat aus meiner Sicht kaum Chancen auf politische Realisierung.“ Der grüne Landesrat Rudolf Anschober sorgt – unterstützt von 600 Wirtschaftsbetrieben – seit Monaten mit dieser Forderung für Aufsehen. Am Mittwoch appellierte er erneut an die Politik, rasch Gespräche über eine Lösung für von der Abschiebung bedrohte Asylsuchende aufzunehmen - mehr dazu in Neuerlicher Ruf nach Lösung (news.ORF.at).

Auch die steirischen Grünen sehen das Projekt, Asylwerber als Lehrlinge in Mangelberufen zu integrieren, in Gefahr. Sie appellierten bereits an Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer, sich für den Stopp von Lehrlingsabschiebungen einzusetzen - mehr dazu in Grüne: Appell an steirischen Landeshauptmann (19.7.2018).

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