NS-Prozess: Alibi zwei Jahre nach Anklage

Der Prozess gegen zehn Angeklagte wegen NS-Wiederbetätigung ist am Montag in Graz fortgesetzt worden - es geht um rechtsextreme Äußerungen und Ausschreitungen. Einer der Angeklagten wurde nun - zwei Jahre nach der Anklage - von seiner Freundin und deren Eltern entlastet.

Seit Anfang Mai stehen in Graz die zehn Männer, die der rechten Szene zugerechnet werden, vor Gericht; unter den Angeklagten ist auch der einschlägig vorbestrafte Oststeirer Franz Radl - mehr dazu auch in Zehn Männer wegen Wiederbetätigung vor Gericht (6.5.2012).

Angeklagte

ORF

Die Befragung von drei Angeklagten stand am Montag im Mittelpunkt

Freundin entlastet Angeklagten

Es geht um rechtsextreme Äußerungen und Ausschreitungen in einem Lokal und bei einem Public Viewing während der Fußball-WM 2010 sowie das Verteilen von Aufklebern und eine fragwürdige Internetseite. Einer der Angeklagten soll jetzt aber am fraglichen Abend doch nicht im Lokal gewesen sein - zwei Jahre nach der Anklage erklärte seine Freundin, dass er bei ihr in Stockerau gewesen sei.

Auf die Frage des Staatsanwalts, warum sie zwei Jahre lang gewartet habe, bevor sie ihn entlastete, meinte die gelernte Friseurin: „Ich kenne mich damit nicht aus, und das ist seine Sache.“ Außerdem habe sie niemand gefragt und auf die Idee, zur Polizei zu gehen, sei sie nicht gekommen. Auch die Eltern der Frau bestätigten, dass der Angeklagte bei ihnen zum Abendessen gewesen sei - er habe das ganze Wochenende bei ihnen verbracht.

„Vielleicht will mir jemand was anhängen“

Im Mittelpunkt des Verhandlungstages standen aber auch noch zwei weitere Angeklagte. Eine Ermittlerin erklärte vor Gericht, wie einer davon ausgeforscht wurde - ihm wird vorgeworfen, auf einer einschlägigen Internetseite unter dem Username „Volkssturm“ rechtsradikale Einträge gemacht zu haben: Man habe über den Usernamen die E-Mail-Adresse, die Telefonnummer und den Namen des Burschen herausgefunden. Ein Anwalt beantragte daraufhin einen Internetsachverständigen - er wolle die IP-Adresse des Computers als eindeutigen Beweis, dass der Angeklagte die Einträge auch wirklich getätigt habe. Der Richter entschied darüber aber noch nicht.

„Es könnte ja sein, dass jemand meine Daten eingegeben hat, um mir ’was anzuhängen“, meinte der Angeklagte. "Nennen Sie mir jemanden, der Ihnen was anhängen will, und wir werden ihn vorladen“, sagte daraufhin der Richter. Als der Angeklagte dann etwas von einem fairen Verfahren sagte, griff der Richter durch: „Sie können den Prozess auch von draußen verfolgen, wenn Sie das Gericht angreifen.“ Dasselbe stellte er auch einem Anwalt in Aussicht. Am Dienstag wird weiter verhandelt; ein Urteil dürfte es diese Woche noch nicht geben.

Befragung von Gerd Honsik noch ausständig

Der Prozess dauert bereits mehrere Wochen. Am letzten Verhandlungstag Ende Juni belastete eine Ex-Freundin einen Angeklagten schwer – mehr dazu in Wiederbetätigung: Bursche von Ex-Freundin belastet (21.5.2012). Polizisten sagten bereits als Zeugen aus – mehr dazu in NS-Prozess: Polizisten im Zeugenstand (14.5.2012).

Auch der Holocaust-Leugner Gerd Honsik wurde als Zeuge geladen - er bat aufgrund seines schlechten Gesundheitszustandes um eine Einvernahme vor Ort; diese ist noch ausständig. Franz Radl verweigerte seine Aussage vor Gericht – mehr dazu in NS-Prozess: Radl verweigert Aussage (10.5.2012).