Koalition: Steirische ÖVP übt heftige Kritik

Keine Freude mit dem Regierungsprogramm im Bund haben die steirische SPÖ und ÖVP. Während bei den Sozialdemokraten die Kritik noch eher verhalten geäußert wurde, schießt die steirische Volkspartei scharf: Sogar eine Abspaltung von der Bundes-ÖVP wurde in den Raum gestellt.

Die Stimmung zwischen der Bundes- und der Landes-ÖVP ist seit Donnerstag mehr als unterkühlt. In Abwesenheit des Landesparteichefs Hermann Schützenhöfer - er musste dringend zu einer Seilbahneröffnung ins Ennstal - gab es von den steirischen Bünde-Obleuten harte Worte in Richtung Bundespartei.

Drexler: „Stillstandsweiterwurschtelabkommen“

So sagte der steirische ÖAAB-Chef und Landtagsklubobmann Christopher Drexler: „Wir sind eigentlich enttäuscht, dass offensichtlich weder SPÖ noch ÖVP auf Bundesebene das Signal des 29. September verstanden haben, nämlich eine neue Politik in dem Land zu betreiben, das Budget zu sanieren, die Pensionen zu sichern, ein bildungspolitisches Konzept für die Zukunft zu entwickeln, sondern man bleibt zwischen der Zahnspange und der zuerst abgeschafften und dann wieder eingeführten Familienbeihilfenerhöhung im Klein-Klein stecken.“

Nachdem Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) in der Vorwoche die Chancen für eine Neuauflage der Großen Koalition noch mit 50:50 beziffert hatte, stellte Drexler die Frage, „wie das Regierungspaket hätte aussehen müssen, dass Spindelegger wirklich nicht in die Regierung geht“. Für ihn ist das Regierungsprogramm jedenfalls ein „wenig ambitioniertes Stillstandsweiterwurschtelabkommen“.

Buchmann: „Regierung auf der Watchlist“

Ähnlich hart äußerte sich Wirtschaftsbund-Obmann und Wirtschaftslandesrat Christian Buchmann (ÖVP) über das vorgelegte Papier: „Es ist mehr ein Negierungsprogramm als ein Regierungsprogramm, und ich bin enttäuscht darüber, dass sich so wenige Wachstumssignale und Zukunftssignale in diesem Regierungsprogramm finden. Für meinen Teil und insbesondere für die Wirtschaft ist diese Bundesregierung auf der Watchlist, wir werden sie an ihren Ankündigungen und Taten messen.“

Edlinger-Ploder: „Traurig“

ÖVP-Frauenchefin und Wissenschaftslandesrätin Kristina Edlinger-Ploder kann nicht verstehen, warum es kein eigenes Wissenschaftsministerium mehr gibt: „Ich bin traurig darüber, dass meine Partei die Zukunftsperspektive versteckt hat“ - mehr dazu in Ministeriumsfusion im Kreuzfeuer (news.ORF.at). Noch-Bauernbundobmann Gerhard Wlodkowski wiederum kritisierte, dass von einer Energie- und Klimapolitik für die Zukunft nichts zu bemerken sei.

Rinner: „Über Eigenständigkeit nachdenken“

Mancherorts ist der Ärger über das Ergebnis so groß, dass sogar über eine Abspaltung nach bayrischem CSU-Vorbild nachgedacht wird. Landesgeschäftsführer Bernhard Rinner rät seinen steirischen Parteifreunden: „Ich wäre der Meinung, schon in eine Überlegungsphase einzuziehen, über eine Eigenständigkeit nachzudenken.“ Klubobmann Drexler will von einer Abspaltung zwar nicht sprechen, man werde den Weg der Bundesregierung aber sehr kritisch begleiten. „Die steirische Volkspartei war immer eine sehr eigenständige Regionalpartei, das gehört zu unserem genetischen Code, und diese Eigenständigkeit werden wir weiterhin betonen“, sagte Drexler.

Eine Absage erteilte der Chef der steirischen Volkspartei, Hermann Schützenhöfer, dem Vorschlag von Rinner: „Es gibt keinen eigenständigen Weg der Volkspartei, wir sind Teil der Volkspartei“, sagte Schützenhöfer. Er blieb dem Landesparteivorstand am Freitag fern - er war bei einer Seilbahneröffnung im Ennstal.

Personal ja, Arbeitspaket nein

Beim Bundesparteivorstand der ÖVP in Wien stimmte Schützenhöfer dem Koalitionsvertrag der Regierung teilweise zu: „Ich habe dem Personalpaket zugestimmt, aber ich konnte um meiner Selbstachtung willen dem Arbeitspapier nicht zustimmen - denn Reformen tun weh, ich vermisse den Mut in diesem Papier. Aber Michael Spindelegger hat sich sehr bemüht.“ Spindelegger sei aber am Widerstand in Teilen der eigenen Partei und insbesondere am Widerstand der SPÖ gescheitert, so Schützenhöfer.

Sozialpartner: „Enttäuscht“, „peinlich“

Aber nicht nur auf politischer Ebene ist in der Steiermark die Euphorie über die neue Regierung und ihr Programm endenwollend: Die Gewerkschaft ist enttäuscht, die AK spricht von einer wirtschaftsfeindlichen Steuerpolitik, und für die Industriellenvereinigung ist das Ergebnis „peinlich“ - mehr dazu in Koalition: Von „enttäuscht“ bis „peinlich“.

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