Großquartier für Asylwerber auf Semmering?

Ein auf dem Semmering geplantes Großquartier für Asylwerber sorgt für massive Verstimmung. Der Bund will eine Einrichtung für 200 Flüchtlinge schaffen, ohne sich mit der Steiermark abzusprechen. „Inakzeptabel“, heißt es von Land und Gemeinde.

Bei der Suche nach neuen Betreuungsplätzen für Asylwerber will Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) jetzt offenbar in der Steiermark fündig geworden sein. In der Ortschaft Steinhaus, die zur Gemeinde Spital am Semmering gehört, will Mikl-Leitner ein Großquartier des Bundes für Asylwerbende einrichten lassen, in dem rund 200 Personen Platz finden sollen. Am Montagnachmittag wurde der Gemeinderat vom Innenministerium davon in Kenntnis gesetzt. Noch am Dienstagnachmittag sollen die ersten 70 Flüchtlinge ankommen.

Bürgermeister Reisinger: „Tod für Steinhaus“

In der Gemeinde formiert sich massiver Widerstand. Bürgermeister Reinhard Reisinger (SPÖ) findet drastische Worte: „Das würde den Tod für den Ort Steinhaus am Semmering bedeuten, weil das Verhältnis zwischen Einwohnern und Asylwerbern mit 170 zu 270 im Ortsteil nicht mehr stimmen würde. Das ist unmöglich und nicht zumutbar und auch die Bevölkerung akzeptiert das nicht.“ Im Gemeinderat herrscht geschlossene Ablehnung. Martin Spreitzhofer (ÖVP) ergänzt: „Bei uns kommt dazu, dass der Polizeiposten geschlossen wurde. Es ist kontraproduktiv, dass dann ein Auffanglager für Flüchtlinge entstehen soll. Wir haben nichts gegen Flüchtlinge, aber wir befürchten, dass wir zu viele davon für unseren Bevölkerungsanteil bekommen.“

Untergebracht werden sollen die Flüchtlinge im Hotel „Haus Semmering“, dass vom Innenministerium bereits angemietet worden sein soll. Hans Hirschegger, der Tourismusreferent der Gemeinde, spricht von einem schweren Schlag für den Tourismus: „Dieses Haus hat 25.000 Nächtigungen pro Jahr gebracht. Der Wegfall dieser Nächtigungseinnahmen würde den Tourismusverband und den Ort schwer treffen.“

Schrittwieser: „Unzumutbare Ghetto-Bildung“

Heftige Kritik an der Vorgangsweise der Innenministerium kommt auch von dem für Asylfragen zuständigen Soziallandesrat Siegfried Schrittwieser (SPÖ), denn das Ministerium habe sich mit der Steiermark nicht abgesprochen: „In der Steiermark wird immer versucht, bei neuen Flüchtlingseinrichtungen im Einvernehmen mit den Gemeinden vorzugehen. Dieser konsensuale Weg wird nun von der Frau Innenministerin verlassen." Diese Vorgangsweise sei „ausgesprochen unsensibel und nicht akzeptabel“, so Schrittwieser, er habe dies Mikl-Leitner bereits in einem Telefonat mitgeteilt.

Schrittwieser geht in seiner Kritik aber noch weiter und spricht aufgrund der Einwohner-Verhältnisse von einer "unzumutbaren Ghetto-Bildung“. Spital am Semmering habe freiwillig Quartiere für rund 70 Asylwerbende zur Verfügung gestellt hat, davon 43 erst im vergangenen Monat. Außerdem trage der ehemalige Bezirk Mürzzuschlag mit derzeit 367 Flüchtlingen ohnehin schon einen großen Anteil zur Bewältigung der Asyl-Problematik bei. Schrittwieser räumt ein, dass die Steiermark die vereinbarte Quote derzeit nicht ganz erfüllt. Es werde aber ständig versucht, neue Quartiere im Einvernehmen mit den Bürgermeistern zu finden.

Kritik gibt es auch von den Freiheitlichen. FPÖ-Klubchef Hannes Amesbauer meint, dass Spital nicht Traiskirchen werden dürfe und spricht von einem Diktat. Wenn das Erstaufnahmezentrum ausgelastet wäre, würde die Gemeinde zukünftig rund 24 Prozent Flüchtlinge zählen. FPÖ-Landesparteisekretär Mario Kunasek will das Problem im Parlament zur Sprache bringen.