„Stolpersteine“ des Gedenkens in Graz

„Stolpersteine“ nennt sich ein Projekt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der damit Opfern des Nationalsozialismus ein Denkmal setzen will. In vielen Städten Europas wurde das Projekt bereits umsetzt, nun kommt es auch nach Graz.

Auf Initiative des Grazer „Vereins für Gedenkkultur“ wurden an vorerst zehn Orten in der Stadt insgesamt 18 Pflastersteine mit messingglänzender Deckplatte zum Gedenken an jene Menschen verlegt, die aus verschiedenen Ursachen von der Nazidiktatur zwischen 1938 und 1945 vertrieben, deportiert und ermordet wurden.

Stolpersteine Demnig

DPA/Tilman Vogler

Nachdenken vor der eigenen Türe

Die pflastersteingroßen Messingtafeln mit Inschrift, die den Namen, Geburtsjahr, und - wenn bekannt - Datum der Verhaftung und Ermordung der Opfer bekannt geben, werden im Boden vor den ehemaligen Wohnhäusern der Ermordeten verlegt - sie sollen quasi zum Nachdenken über den Holocaust vor der eigenen Tür anregen.

Sendungshinweis:

„Radio Steiermark-Sommerzeit“, 26.7.2013

Physisch kann man über die Steine nicht stolpern - sie sind in den Boden eingelassen - im geistigen Sinn soll das Stolpern aber durchaus sein, sagt die Gemeinderätin der Grünen, Daniela Grabe, die das Projekt gemeinsam mit Sabine Maurer vom Verein für Gedenkkultur in Graz initiiert hat. „Man soll über die Erinnerung stolpern“, so Grabe, „die Steine sind so flach in den Boden verlegt, dass da nichts passiert. Aber natürlich soll im Denken etwas passieren“.

Beispiel Franz Baranyai

Einer der Grazer Stolpersteine ist vor dem Paulustor verlegt: Es ist der Gedenkstein für Franz Baranyai. „Bei ihm wissen wir weder den genauen Wohnort noch den genauen Arbeitsort, aber er war bei der Polizei. Er ist wegen Zigeunertum entlassen und einem KZ ermordet worden“, so Grabe. Die Opfer sollen in ihrer Identität gewürdigt werden.

Der Stolperstein für Max Steigmann liegt ab nun in der Afritschgasse 30.

Beispiel Max Steigmann

Im öffentlichen Raum, also am Gehsteig, müssen Besitzer und Bewohner der Häuser nicht um Zustimmung gefragt werden - daran sei nämlich eine Gedenktafel für den jüdischen Arzt Max Steigmann gescheitert, erzählt Daniela Grabe: „Für ihn kommt das Gedenken deswegen zustande, weil jemand, der im Haus wohnt, festgestellt hat, dass eine alte Dame, die Zeitzeugin ist, damals mit dem Sohn der Familie Steigmann gespielt hat, während der Vater von der SS rausgeprügelt wurde und blutig geschlagen und inhaftiert worden ist. Er konnte später fliehen und hat das überlebt. Aber für die Zeitzeugin war es wichtig, dass das nicht vergessen wird.“

Projekt zieht weite Kreise

Die Idee stammt vom Kölner Künstler Gunter Demnig, der seit 1997 die Mini-Gedenksteine in die Gehwege in deutschen und mittlerweile auch österreichischen Städten wie etwa Salzburg, Wels und Wiener Neustadt, in der Region Braunau und nun auch in Graz einsetzt. Angefangen hatte der Bildhauer damit in Köln und Berlin. Mittlerweile sind es mehr als 38.000 Stolpersteine. Auch die Bevölkerung kann sich beteiligen und Steine stiften.

Mehr Erinnerungszeichen

Der Ende 2012 in Graz gegründete Verein von Sabine Maurer, der Vorsitzenden des Grazer Komitees für christlich-jüdische Zusammenarbeit, und Daniela Grabe hat sich zum Ziel gesetzt, 75 Jahre nach Beginn des NS-Terrors in Österreich auch in Graz im öffentlichen Raum mehr Erinnerungszeichen für die Opfer des Nationalsozialismus zu setzen - das erste Projekt sind die „Stolpersteine“. Es wird begleitet von einer vereinseigenen Website mit ausführlichen Biografien der Opfer, derer mit dem Projekt gedacht wird.

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