Gefühlvolle pfingstART

Zum Denken anregen will das kleine, aber feine Kulturfestival pfingstART in Weiz. Hervorgegangen aus der Pfingstvision gestaltet Walter Kratner jedes Jahr ein buntes Programm - und heuer stehen vor allem Gefühle im Mittelpunkt.

Voll Poesie steckt die pfingstART heuer - wie die Musik des radio.string.quartet, das am 15. Mai sein neues Werk „In between silence“ in der Weizer Taborkirche zu Gehör bringen wird.

„Die Geschichte der Gefühle“

Kurator und Künstler Walter Kratner stellte heuer „Die Geschichte der Gefühle“ als eine Art Leitmotiv über das Programm: „Ein Aspekt ist ein sehr politischer, weil ich eben glaube, dass Gefühle in unserer Zeit sehr stark instrumentalisiert werden, aber die Kunst zeigt im Gegensatz die Gefühlswelt in einer äußerst breiten Palette.“

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 9.5.2019

„Die Geschichte der Gefühle“ ist dann auch das Motto beim Themenabend am 20. Mai: Die beiden Schriftsteller Sabine Gruber und Erich Hackl werden aus aktuellen Werken lesen - im Anschluss gibt es eine Gespräch mit Walter Kratner.

Poesie im Privaten und in der Öffentlichkeit

Sabine Gruber präsentiert ihren berührenden Gedichtband „Am Abgrund und im Himmel zuhause“: „Es handelt sich dabei um 15 oder 16 sehr kurze Gedichte, die über den plötzlichen Tod ihres Lebensgefährten handeln, und sie versucht, diesen Abschied und diese Unmögliche in Poesie zu fassen - also Privates, Poesie als Möglichkeit, sich öffentlich zu äußern und Gefühle öffentlich zu machen. Dem gegenüber ist Erich Hackl - er liest aus seinem neuen Roman ‚Am Seil‘, und hier würde ich sagen, dreht sich das nahezu um - das Politische wirkt in das Private hinein: Erich Hackl beschreibt vier Jahre des Versteckens einer jüdischen Frau mit ihrem Kind in der Zeit des Nationalsozialismus, und natürlich gibt es auch hier eine Kommunikationswelt, Gefühl, die Erich Hackl in einer wunderbaren Art und Weise beschreibt.“

pfingstART 2019

Kratner (pfingstART)

Eingefrorene Erinnerungen und „Clean Hands“

Die „Welt der Gefühle“ findet aber auch Einzug in eine Ausstellung, die Kratner zusammen mit Biennale-Teilnehmerin Francesca Cataldi in der Basilika am Weizberg zeigt: „Bücher, eigentlich Objekte, in denen alte Gegenstände, Materialien, rostiges Eisen usw. in Glas eingegossen sind und sich in Buchform dem Betrachter darstellen - diese Erinnerungsstücke sind in diesen Büchern nahezu eingefroren. Dem gegenüber gibt es auch, und das ist sozusagen die andere Welt, eine größere Anzahl von Plastikeimern, die in einer bestimmten Art und Weise aufgestellt sind, und das läuft dann unter dem Thema ‚Clean Hands‘ bzw. ich wasche meine Hände in Unschuld - auch hier ist der aktuelle Bezug gegeben: Das ist ja etwas, was wir von bestimmten Politikern immer wieder zu hören bekommen, eine gesellschaftspolitische Dimension, die sich in der eigentlich gegensätzlichen Realisierung auftut“, so Kratner.

pfingstART 2019

Kratner (pfingstART)

Ergänzt wird das Programm durch eine Schau mit Papier-Arbeiten von Renate Krammer: „Reale Linien“ führt Krammers Beschäftigung mit der Linie und - im wahrsten Sinne - mit Riss-Kanten fort.

pfingstART 2019

Kratner (pfingstART)

Poesie als Gegenpol

„Diese pfingstART zielt auf Poesie ab und damit auch unserer Gesellschaft, die sozusagen durch ihren Konfliktreichtum und ganz bewusste Provokation versucht, dem künstlerischen Bereich den Humanismus abzugraben, dem etwas entgegenzusetzen, indem man wirklich einmal sagt, es gibt Poesie, es gibt künstlerische und ästhetische Aussagen, die von großer Bedeutung sind, nicht nur, weil sie eine politische Botschaft in sich tragen, sondern weil sie sich als solches gegen bestimmte Kriterien, die die Gesellschaft vorgibt, stellen“, so Kratner.

Den stimmungsvollen Ausklang der pfingstART gestalten heuer die beiden virtuosen Musiker BartolomeyBittmann am 22. Mai in der Taborkirche in Weiz.

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