Listerien: Gutachter spricht von „schweren Mängeln“

Der Prozess um den Listerien-Quargel ist am Donnerstag im Grazer Straflandesgericht fortgesetzt worden. Der erste Gutachter war am Wort. Er sprach von „schweren Mängeln in der Qualitätssicherung“. Die Sicherungsmaßnahmen hätten versagt.

Der Sachverständige Rudolf Bliem hatte in seinem Gutachten zu Fragen der Grenzwerte, Rückholung, Qualitätskontrolle und Prüfverfahren Stellung genommen. Er fand klare Worte zu den Vorgängen bei Prolactal in den Jahren 2009 und 2010, um die es in diesem Prozess geht. „Die vorgesehenen Sicherungsmaßnahmen haben versagt“, meinte der Gutachter.

Unterschiedliche Auslegung des Grenzwertes

Zunächst ging es um den Grenzwert, der unterschiedlich ausgelegt wurde. Es gab den Wert „nicht nachweisbar in 25 Gramm“, und diese Richtlinie sei gesetzlich vorgegeben. Firmenintern war die Toleranzgrenze aber bei "kleiner als zehn KBE/g (Kolonienbildende Einheit pro Gramm). Der Wert 100 KBE/g, der ebenfalls immer wieder genannt wurde, bezieht sich auf die Mindesthaltbarkeitsdauer, an deren Ende eben dieser Wert nicht überschritten werden darf, so Bliem.

Zwei Chargen besonders hoch belastet

Tatsache war aber, dass im ersten Halbjahr 2009 genau 19 positiv getestete Chargen gefunden wurden. Von diesen hat man acht sofort eliminiert, elf blieben übrig und wurden erneut getestet. Im zweiten Halbjahr wurden dann acht Chargen mit mehr als 100 KBE/g entdeckt, zwei davon stammten von den 19 positiven Chargen des ersten Halbjahres.

„Jede der belasteten Chargen hätte rückgeholt werden müssen“, ist Bliem überzeugt. Besonders hoch belastet seien zwei Chargen von August und Dezember 2009 gewesen. Die erste wurde von der Firma Lidl Deutschland, die den Käse in Deutschland verkaufte, vernichtet. Die vom Gerichtsgutachter erwähnte zweite, verseuchte Charge gelangte nicht über Lidl Deutschland, sondern offenbar über andere Handelsketten zu den Kunden. Der Hartberger Quargel, so die Bezeichnung in Österreich, wurde von Lidl in Österreich „zu keinem Zeitpunkt im Sortiment geführt“, so ein Sprecher gegenüber dem ORF. Es habe nie eine Geschäftsbeziehung zwischen Lidl Österreich und Prolactal gegen: „Es kann daher zu 100 Prozent ausgeschlossen werden, dass der betroffene Hartberger Quargel in Österreich durch Lidl an die Kunden gelangte“.

Schwere Mängel in der Qualitätssicherung

Der Sachverständige sprach von schweren Mängeln in der Qualitätskontrolle, weil beispielsweise Proben eingefroren wurden, ohne dass zunächst getestet worden wäre, wie hoch die Belastung sei. Auch seien Proben mehrerer Chargen gleichzeitig untersucht worden, „dadurch ergibt sich eine scheinbar niedrigere Belastung“, erläuterte Bliem. Seiner Meinung nach hätten die Behörden bereits im September 2009 informiert werden müssen.

Der Prozess wird am Freitag mit dem Gutachten von Rudolf Bliem und den Fragen von Staatsanwalt und Verteidigung fortgesetzt. Anfang Juni hatte der Prozess begonnen. Sechs Angeklagte sollen für den Tod von sieben Konsumenten verantwortlich sein. Die beiden ehemaligen Prolactal-Geschäftsführer gaben zu, dass zu spät reagiert wurde - mehr dazu in Listerien-Prozess beginnt mit Geständnis (3.6.2014) und Listerien-Prozess: Molkereimeister beteuert Unschuld (12.6.2014) und Listerien-Prozess: Vater von Opfer kollabierte (8.7.2014).