SV-Reform: Experte bezweifelt Einsparungen

Als „ersten Schritt mit sinnvollen Elementen“ bezeichnet der Sozialversicherungsexperte Karl Stöger von der Uni Graz die angekündigte Reform der Sozialversicherung - er spricht aber auch von einer „unangenehmen Begleitmusik“.

Die ÖVP-FPÖ-Regierung brachte am Mittwoch die Reform der Krankenkassen auf den Weg: Die Punktation, die am Dienstag der Öffentlichkeit präsentiert wurde, sieht vor, die derzeit 21 Sozialversicherungen auf vier oder fünf zusammenzulegen - „die Zukunft der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt ist offen“, so Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ).

Bis Juli will die Regierung einen Begutachtungsentwurf vorlegen, im November soll das Gesetz beschlossen werden - mehr dazu in Regierungsvorlage bis Ende November (news.ORF.at).

Angekündigte Reform „ein Teilschritt“

Österreich hat ein kompliziertes Gesundheitswesen, an dem Bund und Länder, aber auch die Sozialversicherung und die Ärztekammer mitwirken, so Karl Stöger, Professor am Institut für Öffentliches Recht an der Uni Graz. Die jetzt angekündigte Reform sei ein Teilschritt, könne das Gesamtproblem der Finanzierung aber nicht lösen - dazu müsste der Bund etwa mehr Kompetenzen bei den Spitälern übernehmen.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Radio Steiermark“-Redakteurin Brigitte Reisinger hat mit Karl Stöger über die Reformpläne gesprochen

Aber, so Karl Stöger, „die Reform ist in manchen Punkten sicher sinnvoll, sie führt zu einer klareren Struktur. Es gab doch einige Träger, die relativ klein waren, und deren Zusammenlegung mit anderen Träger durchaus Sinn macht - etwa Selbstständige, Bauern, das kann man durchaus begrüßen.“

„Gewisse Zweifel“ am Einsparungspotential

Wie Rechnungshofpräsidentin Margit Kraker - mehr dazu in RH-Präsidentin zu Zahlen „skeptisch“ (news.ORF.at) - ist aber auch Karl Stöger skeptisch, was die angekündigten Einsparungen von einer Milliarde Euro betrifft: „Eine Milliarde allein bei der Sozialversicherung, da hab’ ich gewisse Zweifel.“

„Regierung lässt sich Gelegenheit nicht entgehen“

Zur von Arbeitnehmervertretern kritisierten „Umfärbeaktion“ - mehr dazu in GKK und Gewerkschaft kritisieren SV-Reform -, sagt Verfassungsexperte Stöger, dass im Leitungsgremium der künftigen Gesundheitskasse gleich viele Arbeitnehmer- wie Arbeitgebervertreter sitzen sollen, das sei in mehreren Ländern Europas zu finden: „Getrennt von der rechtlichen Dimension muss man allerdings sagen, dass sich die Regierung natürlich die Gelegenheit nicht entgehen lässt, ihren eigenen Einfluss zu stärken, indem sie die Rolle derer stärkt, die ihr nahestehen.“ Eine türkis-blaue Mehrheit im Leitungsgremium sei somit wahrscheinlich.

Kassasturz notwendig

Zur geplanten Leistungsharmonisierung sagt Karl Stöger, jeder Sozialversicherungsträger darf laut Verfassung nicht mehr ausgeben, als er einnimmt - ein Kassasturz sei notwendig: „Einzelne Leistungen, die bisher in einzelnen Bundesländern relativ großzügig gewährt wurden, wird es dann aus finanziellen Gründen vielleicht nicht in ganz Österreich geben können. Dass es zu keinen Verschlechterungen kommt, kann man jetzt noch nicht sagen.“

„Unangenehmer Begleitton“

Generell sei an der Diskussion ein „unangenehmer Begleitton“ aufgefallen, der die Sozialversicherung so darstellt, als sei sie ein Privilegienstadl, der seit Jahren keine Leistung erbringe - das sei nicht richtig, so Stöger.