E-Medikation: Betroffene Ärzte ausgestiegen

Am Dienstag noch ist der seit Mai laufende E-Medikationstestbetrieb in Deutschlandsberg bis Ende November verlängert worden. Am Freitag stiegen viele betroffene Ärzte jedoch aus dem Projekt aus - die E-Medikation steht an der Kippe.

Den Ärzten im Bezirk Deutschlandsberg, die freiwillig und ohne jegliche Gegenleistung viel Zeit in den Pilotversuch der E-Medikation gesteckt haben, reicht es - so beginnt eine Presseaussendung der Ärztekammer Steiermark vom Freitag.

Von Beginn an von Problemen begleitet

Der Pilotversuch sei von Beginn an von Problemen begleitet worden: Unter anderem habe es Ausfälle und Zeitverzögerungen bei der Eingabe der Daten zwischen der E-Medikationsapplikation und der Ärztesoftware gegeben - mehr dazu in E-Medikation: Testbetrieb wird verlängert (26.9.2016) und Probelauf für E-Medikation spaltet (25.7.2016).

„Arbeiten in der EDV-Steinzeit“

Das Fass zum Überlaufen brachte nun bei den Ärzten laut Aussendung offenbar eine Aussage von Volker Schörghofer, dem Generaldirektor-Stellvertreter des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger: Er habe den Ärzten wörtlich vorgeworfen, in der „EDV-Steinzeit“ zu arbeiten.

Schörghofer hatte bei dem Termin vor Journalisten tatsächlich von „Steinzeit“ gesprochen, das jedoch lediglich auf jene Minderheit unter den Ärzten gemünzt, die ihren PC „zehn Jahre nicht upgedatet“ hätten und sich nicht um aktuelle Hard- und Software kümmerten. Bei diesen laufe die Software zur E-Medikation nicht, bei 94 Prozent der Ärzte mit E-Card-System im Bezirk Deutschlandsberg aber sehr wohl, so Schörghofer damals.

Die Mediziner im Bezirk Deutschlandsberg ziehen jedenfalls Konsequenzen - ab Freitag gebe keiner von ihnen mehr Eingaben in den Computer ein. Waschmaschinen oder Autohersteller würden ihre Produkte ebenfalls vom Markt zurückrufen, wenn sie defekt wären, der Hauptverband gebe allerdings die Schuld dem Anwender, zieht die Ärztekammer einen Vergleich.

„Schritt in die falsche Richtung“

Der Hauptverband sieht die Ankündigung der Ärztekammer als „unverantwortlichen Schritt in die falsche Richtung“, so die Vorsitzende Ulrike Rabmer-Koller. E-Medikation könne Menschenleben schützen, indem sie negative Wechselwirkungen bei der Medikamenteneinnahme verhindere.

Der Hauptverband richtet sich daher in einer Aussendung an die Ärztekammer: Sie solle Verantwortung für Ärzteschaft und Patienten wahrnehmen und „konstruktiv mitarbeiten, anstatt nur zu blockieren“, so Rabmer-Koller. Laut der Vorsitzenden funktioniere die technische Basis der E-Medikation, von der teilnehmenden Ärzteschaft habe es auch durchwegs positives Feedback gegeben.

Gretchenfrage der Finanzierung

Ärztekammerpräsident Herwig Lindner ist sich jedoch sicher: Die E-Medikation funktioniert noch nicht. Er fordert unter anderem, auch die Finanzierung vorab zu klären. Schörghofer, Geschäftsführer der SVC, einer Tochter des Hauptverbandes, sieht darin auch den „Grund für die Blockade dieses für Patientinnen und Patienten so wichtigen Projektes“ - er liege „einzig und allein in der Frage der Finanzierung“.

Wie die Österreichische Ärztekammer in einem Schreiben an den Hauptverband mitgeteilt habe, erwarte sie die Ausfinanzierung sämtlicher Infrastrukturmaßnahmen von der öffentlichen Hand - was laut SVC jedoch nicht möglich sei. Außerdem gehe es bei den von der Steiermärkischen Ärztekammer vorgebrachten technischen Mängeln um Probleme, die bereits im Juni behoben worden seien. Seitdem seien keine neuen Fehler bekanntgeworden.

Zukunft des Projekts unklar

Wie viele der Ärzte der Ausstieg tatsächlich betrifft, bleibt vorerst offen. Während die steirische Ärztekammer generell vom Abbruch der Teilnahme schreibt, war in einer Aussendung der Bundesärztekammer vom Ausstieg „nahezu aller Ärzte“ die Rede. Zuletzt waren nach Angaben des Hauptverbands noch 19 niedergelassene Mediziner beteiligt, angemeldet hatten sich Ende Mai ungefähr 30. Inwieweit das Projekt in Deutschlandsberg nach dem Ausstieg der Ärzte jetzt überhaupt aufrechterhalten bleiben kann, ist jedenfalls noch unklar.

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