Kunasek zu Krise: Rückschlag, Tränen, Zuversicht

Nach dem Rücktritt von Heinz-Christian Strache als Vizekanzler und FPÖ-Chef hat FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek am Landesparteitag in Graz von einem Rückschlag gesprochen, aber auch Zuversicht und Zusammenhalt beschworen.

Die „Ibiza-Affäre“, die Samstagmittag erfolgten Rücktritte von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und des bisherigen geschäftsführenden FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und der letztlichen Ankündigungen von baldigen Neuwahlen - mehr dazu in ORF-Liveticker: Kurz will Neuwahlen (news.ORF.at), in Strache erklärt Rücktritt (news.ORF.at) und in Regierungskrise: Die steirischen Reaktionen - überschatteten den FPÖ-Landesparteitag am Samstag in Graz.

Heinz-Christian Strache

APA/ Helmut Fohringer

Anders als geplant

Angesichts der Entwicklungen begann der 34. ordentlichen Landesparteitag in der Grazer Stadthalle gegen 10.30 Uhr um eine halbe Stunde später. Am frühen Samstagnachmittag wurde FPÖ-Landesparteiobmann und (Noch-)Verteidigungsminister Mario Kunasek dann mit 99,6 Prozent wiedergewählt - mehr dazu in FPÖ-Parteitag: Stärkung für Kunasek.

FPÖ-Landesparteitag

APA/ Erwin Scheriau

Eigentlich wollte Kunasek die Partei auf die Landtagswahl 2020 und die EU-Wahl am nächsten Sonntag einstimmen - doch im Zentrum stand die Krise der Bundesregierung, die vom „Ibiza-Video“ aufgelöst worden war.

Screenshot von einem Video von Vizekanzler Heinz-Christian Strache

Screenshot ORF/Spiegel/Süddeutsche

Zurückgenommenes Agieren

Kunasek enthielt sich am Samstag beim Landesparteitag in Graz entgegen der Erwartungen jeglicher Kritik an der steirischen Landesregierung, obwohl angesichts der Landtagswahl im Frühjahr 2020 Angriffe auf SPÖ und ÖVP erwartbar gewesen wären. „Es ist ein Rückschlag, unbestritten, den wir in den letzten Stunden erfahren durften, mussten“, sagte er.

Mario Kunasek

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„Müssen jetzt raus zu den Menschen“

Kunasek summierte: „Es war aus meiner Sicht ein spannender, nicht alltäglicher, wahrscheinlich auch in die Geschichtsbücher eingehender Landesparteitag. Aber es hat uns auch gezeigt, welcher Kraft wir uns auch bewusst sein müssen. Dieser Parteitag sei nicht wie gewünscht zu einem Aufbruchsparteitag geworden“, so Kunasek, dennoch habe man aus der Steiermark ein starkes Signal gesendet, dass die FPÖ nicht am Ende sei: „Wir müssen in den nächsten Tagen auch angesichts der EU-Wahl raus zu den Menschen. Das ist unser Auftrag.“

„Volle Unterstützung“ für Hofer

Und Kunasek versicherte seinem Parteifreund Norbert Hofer „volle Unterstützung“. Kunasek sagte nach dem Parteitag vor Journalisten zur Frage nach Neuwahlen, aus seiner Sicht habe die FPÖ in der Regierung gute Arbeit geleistet.

„Sind heute schon Tränen geflossen“

Er sei zu 100 Prozent überzeugt, dass man die Situation schaffe und weiter reifen werde, auch an den Rückschlägen. Man werde diesen Parteitag in entsprechender und feierlicher ordentlicher Form begehen. Kunasek betonte die Erfolge der vergangenen 15 Jahre angesichts der schwierigen Situation: „Es sind damals Tränen geflossen und es sind heute schon Tränen geflossen.“

Es brandete zum ersten Mal spontaner Applaus auf, als es ums Zusammenhalten ging. Er habe in der Nacht mit vielen telefoniert, sagte Kunasek: „Mit Harald Vilimsky, Norbert Hofer, Herbert Kickl“ - es fiel kein einziges Mal der Name Strache. „Wer kann von sich behaupten, dass er fehlerfrei sei, aber eines tun wir auch nicht, in Selbstgerechtigkeit zu urteilen und aus der Ferne Tipps zu geben“, erklärte der Minister.

Durchhalten beschworen

„Wir haben noch viel vor, unsere Reise ist nicht beendet, nicht um 12.00 Uhr und nicht morgen. Wir brauchen Durchhaltefähigkeit“, wurde Kunasek militärisch. Man solle sich ruhig ärgern, auch die eine oder andere Träne wegdrücken, wie er es getan habe, aber man lasse sich nicht zerstören, was man 15 Jahre aufgebaut habe. Er wünsche sich, dass man gestärkt aus dem Parteitag hervorgehe.

„Glücklich ist keiner“

„Glücklich ist mit den Aussagen auf dem Video keiner“, war beinahe standardmäßig von vielen Freiheitlichen zu hören. Beim Einmarsch von Kunasek und EU-Spitzenkandidat Harald Vilimsky wurden die üblichen Landes- und FPÖ-Fahnen geschwenkt, der Jubel der Parteitagsteilnehmer war zu früheren Anlässen allerdings schon enthusiastischer gewesen. Vilimsky hatte beim Parteitag einen eigenen Erklärungsansatz: „Cui bono? Das nützt nur Juncker, Merkel, Macron“, sagte Vilimsky - mehr dazu in Vilimsky: „Nützt nur Juncker, Merkel, Macron“.

Harald Vilimsky

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Versuch, Zuversicht zu verbreiten

Der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio versuchte ebenfalls Zuversicht zu verbreiten, ebenso wie die Salzburger FPÖ-Chefin Marlene Svazek: Wir haben Wurzeln geschlagen, uns wirft kein Stum um. Die Freiheitliche Partei wird niemand umbringen", sagte Svazek unter anderem. Eustacchio sagte: „Wenn es schwierig war, haben wir zusammengehalten, das werden wir heute auch noch außen demonstrieren.“ Man werde zeigen, dass dies ein Jubelparteitag werde: „Wir werden die Zukunft der Steiermark neu begründen.“

Landtags-Budgetsprecher Gerald Deutschmann sagte, vorher hätten Aussagen keinen Sinn. Deutschmann sagte weiters, er glaube allerdings nicht, dass sich die Causa Strache stark auf die im Frühjahr 2020 angesetzte Landtagswahl auswirken werde. Der Name von Heinz-Christian Strache oder seine Funktion waren bis zu diesem Zeitpunkt kein einziges Mal genannt worden.

Grüne und SJ demonstrierten

Die Grüne Landtagsabgeordnete Sandra Krautwaschl, die sich bei dem als Flashmob angekündigten Treffen von rund 50 Demonstranten befand, forderte am Vormittag den Rücktritt von Strache und Klubobmann Johann Gudenus.

Demonstranten vor FPÖ-Landesparteitag

APA/ Peter Kolb

„Wenn man das Video sieht, dann ist eigentlich jedes Vertrauen weg. Man hat sich schon gedacht, dass es schlimm ist, aber so schlimm?“ fragte sie sich. Da bekomme der FPÖ-Slogan „Österreich schützen“ eine ganz andere Bedeutung, man müsse Österreich und Europa vor solchen Leuten schützen, so Krautwaschl.