Fall Oliver: Prozessneuauflage abgebrochen

Ein Jahr nach der Kindesentziehung des mittlerweile sechsjährigen Oliver hätte am Donnerstag in Graz der Prozess gegen den Vater wiederholt werden soll. Da der Däne allerdings nicht erschien, wurde die Verhandlung abgebrochen; nun soll ein Haftbefehl erlassen werden.

Der Vater hatte am 3. April 2012 das damals fünf Jahre alte Kind vor dem Kindergarten gegen den Willen der Mutter mithilfe eines bisher unbekannten Komplizen in ein Auto gesetzt und war mit ihm nach Dänemark gefahren.

Ursprünglich zu einem Jahr Haft verurteilt

Wegen Kindesentziehung und schwerer Nötigung wurde er dafür in Graz zu einem Jahr bedingter Haft verurteilt, wogegen er aber erfolgreich Berufung einlegte - mehr dazu auch in Fall Oliver: OLG hebt Urteil gegen Vater auf (1.2.2013).

Vater von Oliver im Gerichtssaal

APA/Markus Leodolter

Olivers Vater erschien am Donnerstag nicht vor Gericht

„Kein Vertrauen in Rechtssicherheit“

Am Donnerstag hätte nun am Grazer Straflandesgericht die Wiederauflage des Prozesses stattfinden sollen - der Angeklagte erschien allerdings nicht vor Gericht: Der Vater des Buben sagte am Mittwoch vor Journalisten in Kopenhagen, er habe „schlicht und einfach kein Vertrauen in die österreichische Rechtssicherheit“, und am Donnerstag erklärten seine Anwälte Barbara-Cecil Prasthofer-Wagner und Jürgen Mertens: „Er war von der ersten Verhandlung dermaßen geschockt, aber wir denken, dass der Zustand nicht anhält und er kommen wird, vielleicht in den nächsten Tagen.“ Der Richter meinte daraufhin: „Aber so einen Riesenauflauf werden wir nicht jedes Mal veranstalten.“

Laut Mertens habe die Entscheidung des Vaters eher mit der Medienberichterstattung und weniger mit Strafverfahren an sich zu tun. Schon vor Prozessbeginn hatte der Anwalt erklärt, dass Medien nun auch über die Sichtweise des Dänen berichten sollten und die Position der Mutter „zur Genüge gehört“ worden sei; außerdem müsse das Gericht wieder das Vertrauen seines Mandanten gewinnen.

Staatsanwaltschaft will Haftbefehl erlassen

Da die Vorwürfe der Kindesentziehung und der schweren Nötigung nicht in Abwesenheit des Angeklagten verhandelt werden können, wurde der Prozess abgebrochen und auf unbestimmte Zeit vertagt. Die Staatsanwaltschaft will nun einen europäischen Haftbefehl erlassen. Dazu Anwältin Prasthofer-Wagner: „Grundsätzlich muss ich sagen, ich gehe davon aus, dass wir die Ausstellung dieses Haftbefehls erwarten, und wir werden diesen auch bekämpfen.“.

Dänemark hat mit Österreich kein Auslieferungsabkommen

Wenn es diesen europäischen Haftbefehl dann tatsächlich gibt, darf der Däne nicht aus seinem Heimatland ausreisen. Sollte er dann zum neuen Verhandlungstermin, der aber noch nicht feststeht, in Graz erscheinen müsste er theoretisch verhaftet werden; deshalb wird er laut seinen Anwälten auch nur unter der Vorraussetzung nach Graz kommen, dass ihm die österreichischen Behörden freies Geleit zusichern.

Internationale Obsorge liegt beim Mutter

Erst Mitte Jänner hatte es eine andere Entscheidung im ausgedehnten Obsorgestreit um das Kind gegeben: Der Oberste Gerichtshof (OGH) in Wien hatte den außerordentlichen Revisionsrekurs des Vaters abgewiesen, in dem dieser das alleinige Sorgerecht für den Buben beantragt hatte.

Damit liegt das Sorgerecht in Österreich bei der Mutter, die dennoch seit Monaten keinen Kontakt mehr zu ihrem Sohn hat - mehr dazu in Kein Kontakt mehr zu Kind. In Dänemark wird die österreichische Entscheidung nicht anerkannt: Dort hat der Vater die Obsorge - mehr dazu auch in Fall Oliver: Internationale Obsorge für Mutter (17.1.2013).