„Staatsverweigerer“: „Keine Ahnung“

In Graz wird am Montag der „Staatsverweigerer“-Prozess fortgesetzt. Der Sechstangeklagte wies dabei alle Anschuldigungen der Anklage - von Anstiftung zum Hochverrat bis zum schweren Betrug - weit von sich.

Sein Verhältnis zur Justiz sei ein kantiges, stellte der neunfach wegen Vermögensdelikten vorbestrafte Angeklagte am Montag vor dem Schöffengericht klar - und dementsprechend gestaltete der 67-jährige pensionierte Oberösterreicher auch seine Antworten: Er nenne keinesfalls Namen, er habe keine Kenntnisse, keine Ahnung, sei nicht involviert, und im *brigen könne er sich nicht erinnern.

Der Staatsanwalt wirft ihm unter anderem vor, als „Vorsitzender“ des „Staatenbundes für Oberösterreich“ Haftbefehle für Politiker unterschrieben und mit diesen versucht zu haben, das Bundesheer zum Putsch zu bewegen - das stimme nicht, so der Angeklagte. Warum er sich dann mit anderen „Staatenbündlern“ an das österreichische Heer gewendet habe, wollte die Richterin wissen. „Ich glaube nicht, dass das kroatische oder das ungarische Heer geholfen hätten“, so die Antwort.

„Von Staatsgewalt gilt nur Gewalt“

Er habe einen Aufschrei provozieren wollen, damit in dieser Republik endlich etwas für die Schwachen passiere, meinte der Oberösterreicher, der sich dezidiert zu keinem der Anklagepunkte schuldig bekannte und Fragen schon verneinte, bevor sie überhaupt zu Ende gestellt waren.

Im Tonfall wohlkalkulierter Gereiztheit folgte dann ein Verbalduell mit dem Staatsanwalt, der Dutzende Audiomitschnitte von Stammtischen des „Staatenbundes“ vorspielte, wo zu hören ist, was der Angeklagte davor geleugnet hatte, etwa, dass die österreichische Polizei keine Berechtigung habe und dass der „Staatenbund“ der richtige Staat sei. Mit den Hörbeispielen konfrontiert, sah sich der Angeklagte als Opfer der Republik: Vom Wort Staatsgewalt gelte für ihn auch nach Monaten in U-Haft nur der Wortteil Gewalt.

"Staatsverweigerer"-Prozess

APA/Erwin Scheriau

In den vergangenen Wochen sagten bereits fünf der insgesamt 14 Angeklagten aus - allen voran die Hauptangeklagte, eine 42-jährige Oststeirerin: Sie gründete vor drei Jahren den „Staatenbund“; laut Anklage sprach sie damit der Republik Österreich die Daseinsberechtigung ab und sagte ihr den Kampf an.

Gemeinsam mit einigen ihrer Mitangeklagten stellte die selbst ernannte „Staatenbund“-Präsidentin Fantasieurkunden - als Alternative zu Reisepässen und Geburtsurkunden etwa - aus und verkaufte diese. Die Angeklagten sollen zudem versucht haben, das Bundesheer zum Putsch anzustiften: Dazu wurden den Kommandanten selbst verfasste Haftbefehle für Politiker vom Bundespräsidenten abwärts überbracht.

Bisher wenig Einsicht erkennbar

Vor Gericht blieben die bisher befragten Angeklagten ihrer Sichtweise weitgehend treu: Der wahre Staat sei ihr „Staatenbund“, sagten sie, der Staat Österreich hingegen nicht mehr als eine Firma, und die habe sie enttäuscht; private - meist auch finanzielle - Rückschläge waren bisher bei vielen der Angklagten herauszuhören, die Einsicht ist es bisher weniger. Im Gegenteil: Sie würden sich vom Gericht genötigt und ihrer Freiheit beraubt fühlen, betonten sie immer wieder - mehr dazu in „Staatsverweigerer“-Prozess geht in Woche zwei (21.10.2018), in „Staatenbund“-Kassierin: „Bin frei von Schuld“ (22.10.2018) und in „Staatenbund“-Prozess: Land- statt Grundbuch (25.10.2018).

Der Prozess findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt: Weil sie von „Staatenbund“-Anhängern belästigt wurden, sitzen die Geschworenen seit der zweiten Prozesswoche hinter einem Sichtschutz. Ein Urteil gibt es voraussichtlich kurz vor Weihnachten.