Don Giovanni Szene
Werner Kmetitsch
Werner Kmetitsch
Kultur

Greller „Don Giovanni“ an der Grazer Oper

An der Grazer Oper gelangt nach zehn Jahren eine weitere Neu-Interpretation von „Don Giovanni“ auf die Bühne. Die deutsche Regisseurin Elisabeth Stöppler holt die Oper in eine grell überzeichnete, übermedialisierte Welt.

Zwischen Drama und buchstäblichem Lustspiel – Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Don Giovanni“, uraufgeführt 1787, zählt zu den Meisterwerken und meistgespielten der Opernwelt. Der Stoff um Don Juan aus der Feder des Librettisten Lorenzo da Ponte hat seit jeher Schriftsteller und Regisseure gleichermaßen inspiriert und fasziniert.

Sendungshinweis:

„Der Tag in der Steiermark“, 7.2.2020

In Zeiten des Selfie-Wahns

In Zeiten der Selbstinszenierung und des Selfie-Wahns bleibt auch in der Oper aller Opern nichts mehr verborgen: Don Giovanni filmt nicht nur die von ihm kurzfristig angebetete Anna, wie sie sich in schwarzen Dessous in allen erdenklichen Posen vor ihm räkelt – auch sein Mord an deren Vater, dem Komtur, wird per Video festgehalten und dem Publikum großformatig auf die Bühne projiziert.

Diese ist ein sich drehendes und höchst wandelbares Haus – mal Mehrparteienhaus, mal mondäne verschachtelte Architektenvilla, mal Disco, mal silberverspiegelter Saal samt Tafelmusik. Es gibt weder Innen noch Außen, dafür sorgen die Kameras, die jeden Winkel, jede Regung, jedes lustvoll verzerrte Gesicht grell ausleuchten – Regisseurin Elisabeth Stöppler hält dem Publikum den Selfie-Stick vor Augen.

Don Giovanni Szene
Werner Kmetitsch

Zwischen Sehnsucht und Flucht

Stöppler wurde kürzlich mit dem Theaterpreis „Faust“ ausgezeichnet und inszeniert erstmals an der Grazer Oper, es ist auch ihr erster „Don Giovanni“. Sie zeichnet einen Helden, den der Boden zusehends entgleitet, dennoch hetzt er in Jeans, Kapuzenjacke und Sneakers von einer Erblickten zur nächsten – von Anna über Elvira zu Zerlina. Sein Debüt als Don Giovanni gibt der in Minsk geborene Alexej Birkus.

Don Giovanni Szene
Werner Kmetitsch

Das Pendeln zwischen Sehnsucht und Flucht in einer Gesellschaft, die so viel errungene Freiheit aufzugeben bereit ist und sich selbst immer fremder wird, will dieser Don Giovanni ausreizen.