„Wer war Fritz Mandl“ – Cover
Molden Verlag
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Ein Monarchist mit Hang zur Moderne

Während viele mit dem Namen Fritz Mandl wahrscheinlich keine Verbindung haben, so ist die Hirtenberger Munitionsfabrik eher ein Begriff – Mandl war dort Generaldirektor, zudem Ehemann der Schauspielerin Hedy Lamarr. Nun schrieb eine steirische Historikerin eine Biografie über ihn.

Mit 24 Jahren war Fritz Mandl schon Generaldirektor der Hirtenberger Patronen-, Zündhütchen- und Metallwarenfabrik – er hatte die hochverschuldete Firma von seinem Vater übernommen und daraus ein weltweit agierendes, höchst erfolgreiches Unternehmen gemacht.

Viel Einfluss auf damalige Innenpolitik

„Fritz Mandl hatte auch das Glück, dass dadurch, dass die Firma schon so bedeutend war, er auch in der österreichischen Innenpolitik die Fäden in der Hand hatte. Also er hatte einfach Einfluss nach der Weltwirtschaftskrise, wo sein Unternehmen gut funktioniert hat, und er konnte Druck machen auf die Politik und sagen, wenn nicht besonders günstige Konditionen für seinen Betrieb kommen, wenn Zollgebühren fallen, dann verlegt er die Fabrik in ein anderes Land“, schildert die Autorin Ursula Prutsch.

„Wer war Fritz Mandl“ – Cover
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Und dann war da noch seine politische Einstellung: Fritz Mandl war zeitlebens Monarchist, er hat von dem großen Wirtschaftsraum der Monarchie geträumt und wurde dann zum Austrofaschisten, der Benito Mussolini verehrte: „Mussolini war für ihn die Persönlichkeit, die zum einen die Monarchie aufrecht erhalten hat, weil ja Italien ein Königreich geblieben ist, und gleichzeitig stark in Industrie investiert hat und die Moderne verteidigt hat, die Mandl zugute gekommen ist.“

Außergewöhnlicher Fall in NS-Zeit

Fritz Mandl stammt aus einer jüdischen Familie, mehrere Familienmitglieder kamen in Konzentrationslagern ums Leben. Für die Nazis galt er als Halbjude – deshalb war ihm sehr schnell klar, dass es keine Chance gäbe, seine Firmen in Polen, den Niederlanden und auch in Deutschland zu halten. Der Fall Mandl sei der einzig bekannte Fall, der bekannt ist, bei dem sich die Nationalsozialisten mit einem Halbjuden eingelassen hätten, um über Firmen zu verhandeln, so Prutsch; außerdem habe er es rechtzeitig geschafft, den größten Teil seiner Aktien in die Schweiz zu bringen.

Umorientierung und neue Investitionen

1939 wanderte Mandl nach Argentinien aus, in der Hoffnung, dort seine Geschäfte wie gewohnt weiterzuführen, er habe allerdings nicht mit dem Antisemitismus in Teilen der argentinischen Elite gerechnet, so Prutsch. Dennoch konnte er sich nach und nach gegen die Widerstände behaupten: „Er hat sieben Tage die Woche gearbeitet und hat beständig versucht, wo er Kapital verschieben kann, wo er investieren kann. Es ging nicht mehr so um Patronen in Argentinien – er hat verstanden, dass er nicht ankommen kann und in die Rüstungsindustrie investieren – also hat er eine Reisplantage gekauft und Vieh.“

Autoritärer Familienpatron

Spannend war auch das Privatleben Mandls: Seine Mutter war Grazerin, eine seiner Frauen ebenfalls eine gebürtige Steirerin. In erster Ehe war er mit dem späteren Hollywood-Star Hedy Lamarr verheiratet.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen, Steiermark“, 8.5.2022

Die Historikerin Ursula Prutsch bekam Einblick in die Familienunterlagen, hatte die Möglichkeit, Familienmitglieder und Freunde zu interviewen. In ihrem Buch beschreibt sie eine sehr komplexe vielschichtige Persönlichkeit: „Das Patronen- und Waffengeschäft ist ein sehr unethisches. Mandl war eine harte Verhandlungspersönlichkeit, sehr autoritär, ganz typisch für seine Zeit. Zwar war er fünf Mal verheiratet, aber gleichzeitig stellte er sich als Pater familias dar. Alle mussten nach seinen Regeln spielen, und er war auch ein Ordnungsfreak: Alles musste strukturiert, geordnet sein, jede Blumenvase musste an einem bestimmten Ort sein und durfte nicht verrückt werden.“