Malediven Strand
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Zwischen Überfluss und Untergang

Nicht willkommen im Dschungel: Tanja Raich lässt in ihrem Roman „Schwerer als das Licht“ eine Frau auf einer Tropeninsel stranden – und erzeugt damit sprachgewaltige Weltuntergangsfantasien.

Der Schauplatz der Geschichte ist eine einsame tropische Insel – mit einem Sehnsuchtsort hat sie aber bei Tanja Raich wenig zu tun. „Es kommt auch die Schönheit der Insel vor, aber es gab jetzt eben für mich die Möglichkeit, diesen Überfluss der Natur gegenüberzustellen mit dem Weltuntergang und mit dem Verlust der Natur“, so die Autorin.

Ein Verlust des Überflusses

Eine Frau wird an den Strand dieser Insel angeschwemmt, sie lebt anfangs in und von der üppigen Vegetation. Nach und nach vertrocknet und verdorrt aber alles – ihr und auch den Tieren, die die Wälder bevölkern, wird langsam, aber sicher die Lebensgrundlage entzogen; zudem zeigt sich auch das Meer immer mehr von seiner bedrohlichen Seite.

Sendungshinweis:

„Guten Morgen Steiermark“, 20.11.2022

Die Protagonistin lebt im Süden der Insel: Sie findet dort Reste einer Zivilisation und baut ihr Haus nach und nach zu einer Festung aus – unter anderem als Schutz gegen eine Bedrohung aus dem Norden der Insel. Es ist also auch die Angst vor den Anderen, nicht nur die Angst vor dem Untergang. „Im Angesicht des Untergangs gibt es dann Kriege und Feindschaften. Aber existieren die Bedrohungen wirklich? Gehen sie nicht von einem selbst aus? Meine Figur ist also Täter und Opfer zugleich“, erklärt Raich.

„Schwerer als das Licht“ – Cover
Blessing Verlag

Auswirkung von Perspektive auf die Erinnerung

Ihr Roman ist ein Angebot, in mehrere verschiedene Richtungen zu denken, sagt die gebürtige Südtirolerin, denn immer wieder verschwimmen die Zeitebenen und die Ebenen zwischen Traum und Wirklichkeit: „Ich habe auch viel mit den Motiven Erinnerung, Zeit, Wirklichkeit gearbeitet. Also an was erinnern wir uns eigentlich? Inwiefern verändern sich Erinnerungen je nach Perspektive? Es gibt zum Beispiel eine Geschichte von einem Geist, der auf einer Mondsichel sitzt und diese wird immer wieder, abhängig von Erlebnissen und Perspektive, neu erzählt.“

Der Bezug zur Realität

Abseits aller literarischen Verdichtungen ist die weltweite Klimakrise eine sehr reale Bedrohung. Auf die Frage, wie weit ihre Ängste beim Schreiben eine Rolle gespielt haben, sagt Tanja Raich: „Ich habe immer zwei Seelen in meiner Brust. Die eine ist extrem pessimistisch, und die andere versucht, optimistisch zu sein.“

In dem Roman stecken mehrere Jahre Arbeit, in denen sie manchmal auch die Wirklichkeit einholte, so die Autorin: „Es gibt auch eine Szene am Ende, die ziemlich real geworden ist. Ich weiß nicht wirklich, wo uns die Zukunft hinbringt. Ich hoffe, dass es nicht so schlimm ist, wie ich denke, aber im Moment lässt sich nicht viel Positives sehen, und ich habe das Gefühl, die Politik macht einfach nichts, und schaut seit vielen, vielen Jahren nur zu.“